Gemeinsam sind wir Kirche

Predigtarchiv

Predigt vom 12. Oktober

Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

„Dein Glaube hat dich gerettet“ sagt Jesus im letzten Satz des gehörten Evangeliums zum Samariter, der als einziger von 10 Aussätzigen umgekehrt ist, um danken.

Also möchte ich heute der Serie von Predigten zum Thema Glauben einen dritten Teil hinzufügen: Wenn Sie sich vielleicht erinnern, habe ich in einer Predigt im August über den Hebräerbrief des Apostel Paulus den alltäglichen Glauben als Standgas des Lebens bezeichnet. Ich sprach darüber, dass wir ohne Glauben an etwas Gelingendes gar nicht leben könnten, dass es eine Zwillingsschwester des Glaubens gibt - die Hoffnung. Und dass ein positiver Glaube stets in die Zukunft gerichtet ist, weil er etwas erhofft, von dem wir uns wünschen, dass es eintritt. Auf dieser Hoffnung fußt auch der Glaube an unsere Auferstehung mit Jesus.

Letzte Woche - zum Erntedank - hat sich Pfarrer Franz nochmals intensiv mit dem Glauben auseinandergesetzt, indem er die Bitte der Jünger an Jesus „Herr, stärke unseren Glauben“ genauer betrachtete und letztlich zusammenfasste, was unseren Glauben stärken könnte, welchen Glauben wir in unserer katholischen Kirche bekennen. Er hat den Kern unseres Glaubens herausgeschält, dass hinter allem, was wir erleben ein liebender Schöpfergott steht, der seinen Liebeswillen durch das Handeln und Tun Jesu Christi vorgelebt hat und der in Form seines Geistes in jedem Menschen, jedem vernunftbegabten Wesen angelegt ist. In unserem katholischen Glauben ist die Rede von Gott nie abgehoben von den Erdendingen. Wir glauben, dass Gott fest verwoben ist mit allem liebenden Handeln, dass in unserer Welt geschieht.

Zu all dem gesagten passt die Geschichte des heutigen Evangeliums so enorm gut dazu, dass ich nochmals auf den Glauben zu sprechen komme. „Dein Glaube hat dich gerettet“ sagt Jesus also zu dem geheilten Aussätzigen, der so wie die 10 anderen ursprünglich sozial total ausgegrenzt war. Im Gegensatz zu den anderen neun, wendet sich der Samariter an Jesus und dankte ihm mit lauter Stimme, wie es im Text hieß.

Die entscheidende Haltung an dieser Stelle ist die Dankbarkeit mit der sich der Aussätzige bei Jesus einstellt. Aufgrund dieser tief verspürten Dankbarkeit erkennt Jesus den reifen Glauben dieses Menschen und kann ihm zusagen: „Dein Glaube hat dich gerettet“.

Damit bin ich beim Hauptsatz meiner heutigen Predigtgedanken:

Unsere Dankbarkeit lässt unseren Glauben erst richtig ausreifen. Dass passt ja so gut zur Zeit der Ernte, zur Zeit von Erntedank.

Unser Glaube entwickelt sich in unserer Lebensgeschichte vom Babyalter im einfachen Glauben, dass die Brust meiner Mutter mich bald wieder nährt, über den Kinderglauben, dass es Menschen um mich gibt, denen ich vertrauen = glauben kann, bis zum gereiften Glauben an ein liebendes Geheimnis (David Steindl Rast), den wir Gott nennen, der uns ein Leben lang und über den Tod hinaus sucht und immer wieder findet. Zu diesem wirklich reifen Glauben kommen wir am besten über die Dankbarkeit.

Ich meine jetzt nicht die Dankbarkeit als höfliche Verhaltensform. Das ist zwar auch gut, geht aber viel zu wenig in die Tiefe. Echte Dankbarkeit ist gar nicht so selbstverständlich und bedeutet ja letztlich einzugestehen, dass nicht alles an mir selbst liegt und in meiner Macht steht. Dass ich minütlich, stündlich, täglich auf so viele andere angewiesen bin. Dass für mich so viel geschehen muss, worauf ich gar keinen Einfluss habe. Bei Kleinkindern, älteren, gebrechlichen Menschen ist dieses Angewiesen sein wohl offensichtlich, aber selbst der Selfmademan und die Powerfrau sind vom Frühstück weg ununterbrochen darauf angewiesen, dass andere, sei es nun der Bauer, die Bäckerin, der Buslenker oder die Schneiderin des Gewandes für einen sorgen. Diese Art von echter Dankbarkeit lässt den Glauben eines Menschen erst ausreifen.

Menschen, die meinen, sie haben alles in der Hand, kommen gar nicht in den Genuss dieses reifenden Glaubens.

Meine Überzeugung: Wirklich gläubige Menschen sind dankbare Menschen, denn sie erkennen, dass die Liebe Gottes offenbar wird im Angewiesen sein auf so viele wohlwollende, liebende Mitmenschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben. (evt. Hinweis auf die Pfarre)

Ich kann zum Glück noch nicht aus eigener Erfahrung darüber reden, ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es in dieser Haltung der Dankbarkeit leichter wird, sich Gott als gereifter Mensch im Tod anzuvertrauen.

Aber schon jetzt hat die Haltung der Dankbarkeit einen Benefit auf dieser Erde: Wir können Freude über Geschenktes empfinden und mitunter ganz tief spüren.

Gläubige Menschen erkennt man daran, dass sie dankbar Freude empfinden können, in den großen aber auch in den kleinen Dingen - und oft sind es die kleinen Geschenke des Lebens, durch die man dankbare Haltung trainieren kann.

Apropos Training: Ohne Krafttraining keine Muskelstärkung - ohne Dankbarkeitstraining keine Glaubensstärkung. In diesem Sinn spreche ich eine Anregung aus: Vor dem Mittagessen ein kurzes Dankgebet, laut oder leise, und am Abend vor dem Einschlafen einen einzigen Grund finden, um heute Danke zu sagen.

Ich finde, das wär ein einfaches, aber umso wirksameres Trainingsprogramm um Stärke im Glauben zu gewinnen. Amen
Diakon Franz Hofmarcher

Predigt vom 28. September

Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Was glauben sie, welcher mächtige Weltpolitiker ist mir beim Lesen dieser Evangeliumsstelle vom Prasser sofort eingefallen? Natürlich der derzeitige amerikanische Präsident, der aus seinem Hang zu Reichtum und Macht kein Hehl macht, der sogar nicht zurückschreckt jede Menge Fake – News und Lügen zu verwenden, um Macht und Reichtum zu vermehren.

Seine Politik ist mitleidlos gegenüber den Ärmsten der Gesellschaft, gegenüber den Migrant*innen, den Sozialhilfeempfänger*innen, den Leidenden, den sogenannten Underdogs. (Das Wort passt zum Schicksal des Lazarus, denn der steht in der sozialen Rangfolge noch unter den Hunden). Der präsidentielle Prasser möchte mit den „Lazarussen“ der heutigen Welt nicht einmal anstreifen, geschweige denn sich mit ihnen auseinandersetzen.

Es steht mir nicht zu und ich werde jetzt nicht den Fehler machen darüber zu spekulieren, was Donald Trump nach seinem Tod erwarten könnte.

Mir geht es vielmehr darum, aufzuzeigen, dass dieses 2000 Jahre alte Gleichnis eine erschreckende Aktualität besitzt, dass das Thema der Gerechtigkeit zwischen arm und reich bzw. mächtig und ohnmächtig schon zu Jesu Zeiten virulent war und es bis heute in unverminderter Weise ist.

Ausgesprochen deutlich nimmt Jesus immer wieder Stellung zur herrschenden Ungerechtigkeit und bezieht dabei klare Positionen für einen Ausgleich zwischen Arm und Reich. Ich zitiere: „Sammelt keine Schätze für Euch selbst; Hütet Euch vor jeder Art der Habgier; Verkauft Eure Habe und gebt den Erlös den Armen; Ihr könnt nicht beiden dienen - Gott und dem Mammon - vorige Woche gehört - oder das bekannte: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes“.

Obwohl im Gleichnis der Dialog zwischen Abraham, in dessen Schoß Lazarus geborgen ist, und dem verstorbenen Prasser im Jenseits angesiedelt ist, weist Jesus klar auf das Diesseits - auf das Hier und Jetzt hin, denn das Reich Gottes ist nicht irgendwo angesiedelt, sondern im Hier und Jetzt. Und den tiefen, scheinbar unüberwindbaren Graben zwischen Arm und Reich gibt es im Hier und Jetzt.

Unser neuer Papst Leo ist in der Nachfolge Jesu in diesem Punkt ganz klar, wenn er in einem Interview im Zusammenhang mit dem Bestreben von Elon Musk, der erste Billionär der Welt sein zu wollen, beklagt, dass vor 60 Jahren die Vorstandsvorsitzenden von großen Firmen vielleicht vier- bis sechsmal mehr verdienten als ihre Arbeiter. Jetzt, nach den neuesten Zahlen, die er gesehen habe, seien es 600 mal mehr.

Und jetzt zitiere ich den Papst: „Das bedeutet, dass wir daran arbeiten müssen, das unannehmbare Missverhältnis zwischen dem immensen Reichtum, der sich in den Händen einiger weniger konzentriert, und den Armen der Welt zu überwinden. Dieses Ungleichgewicht führt zu Situationen anhaltender Ungerechtigkeit, die leicht zu Gewalt und früher oder später zur Tragödie des Krieges führen.“ sagte Leo XIV.

Angesichts der ungeheuerlichen Ungerechtigkeit müssen wir einfache Christen aufpassen, dass wir uns nicht selbst aus der Verantwortung stehlen, unseren Reichtum zu teilen, indem wir ein paar superreiche Sündenböcke voranstellen.

Wir hier in Österreich und wahrscheinlich der überwiegendste Teil unserer Feiergemeinschaft hier vor Ort sind weltweit gesehen auf der Seite der Reichen anzusiedeln. Ich nehme mich da selbst überhaupt nicht aus, obwohl ich wie viele andere Christen dort und da in kleinen Tranchen Ärmeren zu helfen versuche. Viele von uns jammern über Reichtumsverluste auf wirklich hohem Niveau. Grade vorgestern wurde eine Statistik vorgestellt, dass die Österreicher*innen, was privates Geldvermögen anlangt, an 17. Stelle aller Länder der Welt stehen.

Und auch unsere Kirche, unsere Kirchengemeinschaft ist mehr denn je angefragt, ihr noch immer ordentliches Vermögen zu teilen. Niemand ist von der Forderung Jesu, sein Reich der Gerechtigkeit schon auf dieser Welt aufzubauen, ausgenommen.

Jesus macht deutlich: Wir sind gefordert, Reichtum zu teilen. Ich glaube, diese Forderung meint zwar in erster Linie materiellen Reichtum, aber eben nicht nur, sondern auch jede andere Art von Reichtum, z. B. Reichtum an Naturschätzen, an Gedanken, an Kreativität, an Talent usw.

Nicht der Reichtum als solches ist das Problem. Im Gegenteil – wir sind ja von Gott vielfach und reich beschenkt!! Vielmehr ist es die rein eigennützige Verwendung, die für Jesus ein Ärgernis darstellt und die seine Sendung vom anbrechenden Reich Gottes auf dieser Erde nicht und nicht zur Geltung kommen lässt.

Zusammenfassend lese ich folgende Botschaft aus dieser Evangeliumsstelle heraus: Gott rettet die Leidenden in jedem Fall, jene aber, die erfolgreich sind, Talente haben, Reichtümer besitzen, die fordert er heraus, ihren Bonus hier und jetzt – auf dieser Welt – zu teilen.

Wenn es zu spät ist - und im Tod ist es definitiv zu spät, nützt Umkehr nichts mehr: Nämlich weder dem der die Hilfe benötigt noch dem der sie zu geben vermochte.

Ich finde, keine jenseitige, sondern eine extrem diesseitige, aktuelle Ansage.


Diakon Franz Hofmarcher

Predigt vom 21. September

Liebe Pfarrgemeinde,

Da haben wir wieder eine markante Feststellung als Botschaft im heutigen Evangelium: „Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon“!

Ja, wenn das so leicht auseinander zu halten wäre: wie diene ich Gott, wie dem Mammon?
Wie kann ich mich im Leben orientieren und das tun, was Gott will?
Wer von uns will denn das nicht, Gott dienen?

Mir hilft da das Bild von Seefahrern und dem Polarstern, von Seeleuten, die auf hoher See sind und Orientierung brauchen, um die richtige Route durch die Gefahren des Ozeans zu finden.
Unser Inneres braucht auch Navigationshilfen auf der Lebensfahrt zwischen Geburt und Sterben, zwischen dem Abstoßen vom Ufer bei unserer Geburt, hinaus auf die offene See - und dem Einfahren in den schützenden Hafen bei unserem Tod.

Unter den Lebensweisheiten, die aus der Erfahrung vieler Menschen gewonnen und weitergegeben wurden, sind es vor allem drei Grundweisheiten, drei Polarsterne, die als Navigationshilfe dienen können.
  1. Unsere Um-welt ist unsere Mit-welt, auch wir gehören zu ihr und können nur leben – und überleben -, wenn wir sie achten.
    Verlieren wir den Blick auf diesen Polarstern, verlieren wir nicht nur die Richtung, sondern können nur noch kentern!
    Es genügt deshalb nicht, dass wir uns für die Umwelt ein bisschen engagieren.
    Die Um-Welt muss zu unserer Mit-Welt werden.
    Erst diese Einstellung verhindert, dass wir die Lebensgrundlagen auf unserer Erde zerstören und sie während unserer kleinen Lebensspanne zwischen Geburt und Sterben denen wegnehmen, die nach uns auf derselben Erde leben werden.
    Ich weiß nicht, wie die Generationen nach uns einmal über unsere Zeit (20. / 21. Jahrhundert) reden werden, wenn sie überhaupt noch auf dem Planeten leben können: wir betreiben seit langem Raubbau an der Zukunft der Menschheit, weil wir den Polarstern Um-Welt / Mit-Welt zuwenig beachten.
    Der Schöpfungsmonat September, auch der Fahrradsonntag heute, soll uns an diesen Polarstern erinnern!
    Er ist entscheidend für unser Leben und Überleben!

  2. Die zweite Grundweisheit, der zweite Polarstern für unsere Lebensfahrt heißt: Jeder andere Mensch ist so viel wert wie ich selber!
    Aus dieser zweiten Grundweisheit entstand die „goldene Regel“ für das mitmenschliche Verhalten: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu“.
    Oder anders gesagt: „Behandle jeden anderen Menschen so, wie Du selber behandelt werden möchtest“.
    Nur weil sich bis heute so viele Menschen aller Weltanschauungen, Religionen und Kulturen an dieser Weisheit orientieren, ist die Menschheit noch nicht untergegangen. Dieser Polarstern gibt Orientierung für unser Zusammenleben.
    Wie schwer das in der Praxis zu leben ist, erleben wir ja auch in unserem Land!

  3. Die dritte Grundweisheit, der dritte Polarstern für unsere Lebensschifffahrt, hatte es immer schon am schwersten: „Halt geben kann immer nur das Letzte“!
    Denn auf seiner Fahrt durchs Leben sucht der Mensch lieber Halt an „Stars“ und „Sternchen“, die ihm greifbarer sind.
    Damit machen wir uns aber an „Vorletztem“ fest, das selbst ins Wanken gerät, wenn es stürmt und turbulent wird.
    Das Letzte und wirklich Tragende und Haltgebende kann nur die Realität sein, der wir alles verdanken, die wir mit Gott anreden und umschreiben.
    Um sie zu vernehmen, braucht es aber mehr Aufmerksamkeit als es im Dahinleben und bei Stammtisch-Diskussionen möglich ist.
    Es braucht das Hören auf das, was nur leise und wortlos, geduldig und nicht drängend von der tiefsten Stelle unseres Inneren in unser Bewusstsein aufsteigt.

Welcher Geist leitet mich? Welchem „Polarstern“ folge ich auf meiner Lebensfahrt? Wem diene ich?
So zu fragen und nie aufhören so zu fragen, ist höchst intelligent.
Kleinere Ansprüche sollten wir an unseren Lebensstil nicht stellen.
So werden wir auch herausfinden, was es im Konkreten heißt Gott zu dienen und nicht dem Mammon!

Amen.

Pfarrer Franz Kronister

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Predigt vom 14. September

Liebe Gottesdienstgemeinschaft,
liebe Schwestern und Brüder,

heute feiern wir das Fest der Kreuzerhöhung.
Wir blicken auf zum Kreuz - auf zu Jesus.
Das Kreuz ist Symbol für das Leiden, das Sterben, den Tod aber vor allem auch auf das ewige Leben, die Erlösung. Also für das Plus in unserem Leben.

Ich bitte sie Sie das Gotteslob 270 aufzuschlagen und mit mir die 1. Strophe zu beten.
„Kreuz, auf das ich schaue, steht als Zeichen da;
der, dem ich vertraue, ist in dir mir nah.“


Das Kreuz ist natürlich in der katholischen Kirche allgegenwärtig. Schauen wir uns einmal um, wo finden wir hier in der Kirche das Symbol des Kreuzes?
Das Kreuz findet man aber nicht nur in der Kirche, sondern auch außerhalb begegnet uns dieses Symbol immer wieder, als Anhänger bei der Halskette, am Berg als Gipfelkreuz. Es ist das Zeichen für unseren Glauben, auf das wir darauf vertrauen, das mit Jesus an unserer Seite das Leben besser gelinge.

In der Lesung haben wir von den Israeliten in der Wüste gehört.
Sie haben gemurrt, gejammert, gesuddert, die Geduld verloren.
Das hat sie nicht weitergebracht - so wie das Suddern uns heute auch nicht weiterbringt.
Im Text vom alten Testament heißt es: Erst der Blick auf die erhöhte Schlange hat ihnen Heilung und Orientierung geschenkt. Sie hatten noch kein Kreuz, es war die Zeit vor Jesus.
Im neuen Testament hören wir: „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die glauben, in ihm das ewige Leben haben.“
Wir Christen glauben: Jesus Christus selbst ist dieser „Blick nach oben“.
Der Blick aufs Kreuz schenkt uns mehr Leben statt Enge.
Hoffnung statt Stillstand. Freiheit statt Lähmung.
Jesus befreite uns von vielen Denkmustern und Lastern, er ermutigte uns weiterzudenken.

Beten wir nun die 2. Strophe vom Gotteslob 270:
„Kreuz, zu dem ich fliehe aus der Dunkelheit;
statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.“


Diese zweite Strophe redet das Leben nicht schön.
Wir singen: „fliehen aus der Dunkelheit.“
Auch mit dem Glauben an den Auferstandenen erkennen wir die ganze Wirklichkeit: die Schmerzen, das Leid, die Ungerechtigkeit in dieser Welt.

Suddern bedeutet: jammern, ohne sich zu bewegen.
Klagen bedeutet: Leid ernst nehmen - und trotzdem Schritte nach vorne wagen.
Unser Glaube heißt nicht: alles schön reden.
Nein, wir blicken bewusst auch auf das Leid und übersehen es nicht.

Aber das Kreuz lässt uns nicht im Klagen stehen.
Es schenkt Kraft, weiterzudenken, weiterzugehen.
Nach jedem Karfreitag kommt Ostersonntag.

Das Kreuz ist nicht das Ende, sondern der Hinweis:
Mit Gott an unserer Seite brauchen wir keine Angst zu haben.
Wir sind frei, uns in Gottes Liebe zu entfalten.

Darum dürfen wir mit der dritten Strophe nochmals bekennen: Gotteslob 270:
„Kreuz, von dem ich gehe in den neuen Tag,
bleib in meiner Nähe, dass ich nicht verzag.“


Diese dritte Strophe macht uns Mut, das Kreuz nicht nur für uns persönlich im Herzen zu tragen, sondern es auch sichtbar werden zu lassen
im Alltag, in unserer Gemeinschaft, in unserer Kultur.

Heute feiern wir zugleich den Dirndlgwandsonntag.
Viele haben ihre Tracht angezogen und zeigen damit stolz:
Wir stehen zu unserem Brauchtum, zu unserer Tradition - und wir zeigen es auch nach außen.

So könnte auch das Kreuz für uns ein solches Zeichen sein: dass wir uns nicht scheuen, öffentlich dazu zu stehen, weil es uns Geborgenheit, Zusammenhalt, Erlösung und Hoffnung schenkt.

Amen.

Pastoralassistentin Doris Sturmer

Predigt vom 10. August

Liebe Gläubige!

Ich wähle diese Begrüßung heute sehr bewusst, denn heute möchte ich mich ganz explizit mit dem Glauben auseinandersetzen. Und zwar aufgrund der starken Aussagen aus dem Hebräerbrief des Apostels Paulus über den Glauben unserer biblischen Vorbilder wie beispielsweise Abraham.

Und gleich der erste Satz des Briefes lässt einen interessierten Zuhörer aufhorchen, wenn es da heißt: „Schwestern und Brüder! Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ Ich wiederhole: „Glaube ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man – ich würde gern einfügen - noch nicht sieht.“

Also der Glaube ist notwendig, dass tatsächlich eintritt, was man sich erhofft. Von dieser Überlegung ausgehend möchte vorerst einmal gar nicht den religiösen Glauben betrachten, so wie wir ihn in der Kirche verstehen, sondern einfach den – wie ich es bezeichnen würde – Alltagsglauben.

Denn ohne Glauben könnten wir nicht leben, wir könnten gar nichts zustande bringen. Der Glaube ist die Grundlage allen Handelns, der Glaube ist sozusagen das Standgas unserer Lebensfahrt.

Wenn Sie am Morgen aufstehen, dann glauben sie doch, dass der Tag gelingen wird, obwohl sie nicht im Detail wissen, was auf sie zukommen wird. Wenn sie etwas im Garten anpflanzen, glauben sie daran, dass es auch wächst, sonst würden sie ja gar nicht beginnen zu pflanzen.

Sie nehmen Medikamente, weil sie glauben, dass sie ihnen helfen, ohne eine Garantie zu haben. Wenn sie vor einer beruflichen Aufgabe stehen, dann glauben sie doch, dass sie sie erfolgreich bewältigen können, sonst würden sie sich ja gar nicht drüber trauen.

Wenn sie mit einem geliebten Menschen eine Lebenspartnerschaft, eine Ehe eingehen, dann glauben sie doch, dass es eine gelingende Beziehung wird, die ihnen guttut, ohne zu wissen, was über die Jahre alles passieren wird. … andere Beispiele, z. B. Chor… (Scheitern inbegriffen!)

Also ohne Glauben geht im Leben gar nichts. Der Glaube ist das Standgas unseres Lebens. Wenn aus irgendwelchen Gründen, sei es aufgrund von Krankheiten, Depressionen, Schicksalsschlägen das Standgas Glaube zu niedrig eingestellt ist oder gar fehlt, dann haben wir ein Antriebsproblem im Leben. Wir können unsere Aufgaben, unsere Vorhaben nicht bewältigen, weil die Zuversicht fehlt, dass etwas gelingt.

Die Zwillingsschwester des Glaubens ist die Hoffnung: Paulus sagt es ja so schön: Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht. Glauben heißt hoffen auf etwas, das wir noch nicht kennen, dass aber tatsächlich geschehen soll.

Ein gesunder Glaube ist also immer in die Zukunft gerichtet. Und wenn ich Ziele auf meiner Lebensfahrt erreichen will, dann muss ich aus dem Standgas heraus Gas geben.

Aber ohne Treibstoff gibt es weder ein Standgas noch kann ich mich in Bewegung setzen. Welchen Treibstoff verwenden wir für unser Leben, und welches Lebensziel? Meine Überzeugung dazu: Der beste Treibstoff unseres Lebens, der Treibstoff für einen gesunden Glauben ist die Liebe, also Gott selbst.

Die Liebe ist jener Treibstoff des Glaubens, der keinerlei Umweltverschmutzung hinterlässt. Aus der Liebe heraus lässt es sich leichter an das Gute, an das zukünftig Gelingende glauben. Das ist so wichtig für eine Welt, in der scheinbar der Glaube an Vernichtung, der Glaube an Machtgewinn, der Glaube an Besitztum, der Glaube an den eigenen Vorteil zum Schaden anderer überhand zu nehmen scheint.

Man kann leider aus dem Standgas auch retour fahren. Damit ist gemeint, dass man auch einen verbissenen Glauben haben kann, z. B. den Glauben an die Schlechtigkeit der anderen Menschen, daran, dass irgendwelche bösen Mächte auf dieser Welt alles zerstören wollen, bis zu dem fragwürdigen Glauben, dass Gott ein Gott ist, der als Strafe Naturkatastrophen oder persönliche Schickalsschläge hervorruft.

Dieser Art von Glauben – ich würde ihn als Angstglauben bezeichnen – fehlt etwas Grundlegendes, das man als Mutter des Glaubens bezeichnen könnte:

Das Vertrauen! Das Vertrauen, dass etwas ganz gut wird, das Gottvertrauen.

Ich kann nicht an etwas Positives glauben, wenn ich nicht darauf vertraue, dass es eintreten wird. Wir könnten also auch umformulieren und sagen: Vertrauen ist die Grundlage dessen, woran man glaubt, ein Zutage treten von Tatsachen über die man sich drüber getraut hat.

Aus all diesen Überlegungen heraus lässt es sich viel zuversichtlicher und einleuchtender an die zentrale Glaubensfrage unserer Religion herangehen: Den Glauben an die Auferstehung und ein glückliches Leben in der Liebe Gottes. Wir wissen nichts über dieses Leben nach dem Tod. Aber wir glauben an eine Tatsache, die man nicht sieht, wie Paulus formuliert.

Und er beschreibt in seinem Brief an die Hebräer in weiterer Folge sehr schön, dass wir nur Fremde und Gäste auf Erden sind, die auf der Suche nach einer besseren Heimat sind, die wir noch nicht kennen.

Unser ultimativer Glaube an ein ewiges Glück kann also nicht an Erdendingen hängen.

Aber wie schon zu Beginn erwähnt, ist es höchst sinnvoll, den Auferstehungsglauben durch viele Beispiele des Alltagsglaubens bewusst zu üben, zu trainieren, damit uns der Glaube an ein Leben nach diesem Erdendasein leichter von der Hand geht.

Für dieses unser Erdenleben gilt, dass wir lernen, im Sinne Jesu aus dem Glauben heraus zu handeln, also mit dem Treibstoff Liebe aus dem Standgas heraus Gas geben.

Zitat Markus Schlagnitweit:
„Glaube ist kein Lippenbekenntnis zu bestimmten Lehren und Ansichten über die Welt. Glaube ist vielmehr eine Praxis, ein Verhalten und Handeln aus einer Grundhaltung, die sich aus Hoffnung speist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“

Amen.

Diakon Franz Hofmarcher

Predigt vom 3. August

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Die Geschichte vom reichen Bauern kommt mir immer etwas unwahrscheinlich vor – Lebensmittel halten ja nicht ewig, bzw. so ewig, wie dieser Bauer tut. Ich hole diese Geschichte in die Gegenwart:
Ein Mann hatte einen Terminkalender. Hier trug er viele Termine ein. Doch er spürte, dass sein Terminkalender zu klein war. Da kaufte er sich einen größeren Terminkalender. Hier hatte er mehr Platz für noch mehr Termine. Weil er so viele Termine hatte, war er bei vielen seiner Mitmenschen sehr beliebt. Er wurde in viele Ausschüsse gewählt. Doch eines Tages sprach Gott zu ihm: „Du Narr, heute stehst du auf meinem Terminkalender!“

Auf einmal bekommt das Gleichnis Jesu vom Evangelium eine ganz neue Aktualität. Der Mann führt ein Leben auf der Überholspur. Immer höher, immer weiter, immer mehr, immer besser, war sein Lebensmotto. Das ist auch bei vielen Mitmenschen und – mal ganz ehrlich – bei vielen von uns selbst genauso. Wir wollen nichts verpassen, wollen besser dastehen als andere, wir wollen das größere Haus besitzen, wir wollen das schnellere Auto fahren, beruflich wollen wir viel erreichen… Wenn nicht mehr, dann doch wenigstens genauso viel wie andere.

Auch in der Lesung geht es darum: Der Prophet Kohelet nennt alles, woran Menschen ihr Leben hängen „Windhauch“. Und eigentlich hat er recht. Denn alles kann schnell vorbei sein. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wir alle haben schon einmal miterlebt, wie schnell ein Leben zu Ende gehen kann, wie unerwartet ein Mensch uns verlässt oder eine Krankheit alle Pläne über den Haufen wirft oder zunichte macht. Alles ist Geschenk, nichts ist selbstverständlich.

Ganz am Ende des Evangelium redet Jesus von Schätzen, von reich sein bei Gott.
Das hat mich zum Nachdenken gebracht: Welche Schätze habe ich im Leben? Was oder auch wen nenne ich „Schatz“?

Wie wir das Haus meines Vaters ausgeräumt haben, sind wir auf seine Schätze gestoßen: Liebesbriefe meiner Eltern, eine Geburtstagskarte, die ich ihm vor 40 Jahren geschrieben habe, Bilder von unserer Familie. Ich habe gemerkt: das alles sind Erinnerungen an die Liebe, die Gemeinschaft, die uns geschenkt ist in unserer Familie. Dafür bin ich dankbar!

Ein anderer Schatz: Ich bin unheimlich gerne in der Natur. Ich rede gerne von „Schätzen der Natur“ und ich glaube, Gott hat die Welt geschaffen, damit ich mich an ihr freuen kann. Es gibt überhaupt so viele Dinge, über die ich mich freuen kann:
Zeit mit meinen Freunden und Freundinnen, Neffen und Nichten und Geschwistern verbringen
Ich bin gesund und kann Sport machen
Austausch und spirituell auftanken in der kfb
So viele Schätze, über die ich mich freuen kann und wofür ich dankbar bin.
Und niemand anderes freut sich mehr als Gott, wenn wir uns freuen.

Das sind die Schätze, von denen Jesus redet: Es ist Gottes Liebe und Freude! Gottes Liebe zu uns, unsere Liebe zu Gott und zu anderen Menschen. Mit Gott bekommt alles, was unser Leben erfreut, den richtigen Platz. Wenn wir in unserem Leben auf Gottes Liebe bauen, ist das nicht Windhauch. Das ist unser wahrer Schatz und Reichtum. Ein riesengroßes Geschenk! Ein Geschenk, das mich dankbar werden lässt.

Amen.

Monika Liedler

Predigt vom 27. Juli

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

ich möchte heute 3 Themen miteinander verbinden unter dem Thema:
tragen, weitertragen, getragen werden.

Christophorus - der Christusträger
anlässlich des Welttages der Senioren & Großeltern, die uns mit ihrem Gebet tragen
& das heutige Evangelium - wo das Gebet des Vater unsers uns trägt.

Gedenktages des Christophorus - Patron der Reisenden.
Ein Mann, der bereit war, andere über schwierige Wege zu tragen.
Der Legende nach trug er ein Kind durch einen Fluss, das immer schwerer wurde. Am Ufer sagte das Kind: „Du hast Christus getragen.“

Auch das Gebet kann uns durch schwere Zeiten tragen,
besonders das „Vater unser“, das wir heute im Evangelium hören.
Beide Bilder begleiten uns heute: Christophorus - der Christusträger - und das Vaterunser, das uns mit Gott verbindet.

Heute ist auch Welttag der Großeltern und Senioren.
Gerade ihr seid für viele Christus-Träger - durch eure Geduld, euer Gebet, eure Erfahrung. Ihr tragt mit euren Gebeten um eure Familie und Liebsten und die Sorgen, Nöten und Ängste vieles mit - oft leise und beständig.
wir dürfen uns durch euer Gebet getragen fühlen.

Im ersten Teil des Evangeliums lehrt Jesus uns das Vaterunser.
Kaum ein Text des Neuen Testaments ist uns so vertraut.
Ich vergleiche das Gebet gern mit einem Weg. Es gibt das Sprichwort: „Alle Wege führen nach Rom“ - wir dürfen sagen: „Alle Wege führen zu Gott.“
Es gibt viele Arten zu beten: laut oder leise, mit Worten oder in Stille, allein oder gemeinsam, als Lob, Bitte, Dank oder Klage.
Manchmal gehen wir gezielt auf Gott zu, manchmal verirren wir uns.
Doch Gott verliert uns nicht.
Er steht uns zur Verfügung - immer und überall.

Gerade das Vater Unser, kennt jede/r erwachsene Christ/in denk ich auswendig. Es läuft oft automatisch, selbstverständlich, ohne viel Nachdenken zu müssen. Und trotzdem trägt es uns.

Ich möchte meine persönliche Erfahrungen mit dem Vaterunser mit euch teilen:

1. Der Unfall meines Vaters:
Als ich ein Kind war, hatte mein Vater einen schweren Unfall. Die Diagnose war unklar.
Meine Mutter und ich kamen nach Hause mit der Nachricht: „Wir müssen abwarten.“
Verwandte und Nachbarn kamen zusammen. Mein Onkel begann, das Vaterunser zu beten.
Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr hilflos - sondern getragen.

Jesus lehrt uns nicht nur, was wir beten sollen - sondern auch wie: mit Vertrauen. Wie ein Kind, das weiß: „Meine Eltern hören mich.“

Gerade hier in Purgstall habt ihr eine schöne Tradition:
das Vaterunser mit offenen Händen zu beten.
Für mich ist das ein Zeichen: Ich öffne Gott meine Hände - und bin bereit, selbst etwas beizutragen zu einem friedlichen Leben.
Vielleicht möchten heute auch jene, die sonst die Hände geschlossen halten, das Vaterunser einmal mit dieser Geste beten - als Zeichen der Offenheit. Lasst euch das Gebet in die offenen Hände fallen.

Großeltern sind oft die, die das Gebet weitergeben - durch das Segenskreuz mit Weihwasser oder dem Gebet vor dem Essen.
Viele pflegen das Mittagsgebet noch. In einigen Häusern wird es vermutlich Überwindung kosten, es in der Runde zu beginnen: „Lass uns beten.“

Ich lade euch ein:
Betet heute zu Mittag ganz bewusst - vielleicht ein Vaterunser.
Allein oder gemeinsam.

Denn das Gebet ist ein Schatz unseres Glaubens.
Das Vater unser verbindet uns und es trägt es.

Amen.

Pastoralassistentin Doris Sturmer
Online auf Youtube

Predigt vom 13. Juli

Geschätzte versammelte Gottesdienstgemeinschaft!

Es ist schon oft interessant, in welche Richtung sich ein Gespräch entwickeln kann.
Wir erleben das immer wieder, wie sich ein lockeres Gespräch – „smalltalk“ wie wir auf Neudeutsch sagen würden, in eine ernste, tiefgehende, oft auch persönliche Richtung entwickelt.
Ich erlebe das des Öfteren speziell auch bei Taufgesprächen, wo sich beim Vorbereiten der Tauffeier plötzlich Glaubens- und Lebensthemen auftun und viele Fragen über Gott und die Welt von einem eher oberflächlichen Ausmachen in eine Tiefe führen.
Auf der anderen Seite freuen wir uns oft auf ein gutes Gespräch, aber irgend Etwas oder irgend Jemand stört, so dass wir nicht so richtig in die Tiefe kommen.

Einen Dialog mit Wendungen erleben wir auch heute im Evangelium. Ein Gesetzeslehrer, also ein kundiger und gelehrter Theologe möchte überprüfen, wie weit sich Jesus auskennt mit all den Vorschriften und Vorgaben des jüdischen Glaubens. Wie bibelfest glaubenstreu ist dieser Prediger Jesus?
Er will ihn auf die Probe stellen, heißt es.
Er tut das mit einer ganz gewichtigen Frage: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?“
Eigentlich ist es die Kernfrage jeder Religion: Wie komme ich in den Himmel, das Nirvana, das Paradies – wie immer die einzelnen Religionen das bezeichnen.
Es ist die große Frage des Woher und Wohin, die sich auch alle Menschen stellen, die an ein Dasein, ein Leben nach dem Tod glauben.
Also dieser Gesetzeslehrer geht mit seiner Frage aufs Ganze, ganz tief hinein.

Aber Jesus antwortet mit einer Gegenfrage: „Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du?“
Damit hebt Jesus das Gespräch nicht nur auf eine andere Ebene, er lenkt es auch in eine andere Richtung. Plötzlich ist es nicht mehr Jesus, der geprüft wird, jetzt ist es der Lehrer, der Rede und Antwort geben muss.
Bibelfest wie er ist, tut das mit zwei Zitaten aus der Tora. Zunächst ein Zitat aus den ersten Kapiteln des Buches Deuteronomium, was so viel heißt wie „das zweite Gesetz“ - aus diesem Buch haben wir heute auch die Lesung gehört, und selten passen Evangelium und Lesung so gut zusammen wie heute.
„Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und ganzer Kraft.“ Und er fügt ein Zitat aus dem Buch Levitikus hinzu, jenem Buch, das ganz viele Anweisung für die Priester und Leviten, also das „Kultpersonal“ enthält.
„Und deinen Nächsten sollst du lieben, wie dich selbst.“

So weit so gut. Jesus und der Gesetzeslehrer stimmen überein. Damit könnte das Gespräch beendet sein, die Grundhaltungen sind klar.
Aber in dem Gesetzeslehrer lässt nicht locker. „Und wer ist mein Nächster?“ fragt er ihn.
Und mit dieser Frage erreicht das Gespräch noch einmal eine andere Ebene, plötzlich geht es um die Konkretisierung dieser Satzungen, dieser Glaubensweisheiten im Leben.
Ich möchte dem Gesetzeslehrer nichts unterstellen, aber ich vermute, dass er dabei wieder eine Bestätigung einholen möchte, dass er und alle gesetzestreuen Juden – also die Elite – das Privileg haben „Nächste“ genannt zu werden und damit alleinig, exklusiv für die Liebe, auch für die Liebe Gottes nominiert zu sein.

Die Antwort Jesu überrascht und provoziert und weitet jede Verengung die die Buchstaben des Gesetzes hervorrufen können.
Am Ende dieses wunderbaren Gleichnisses ist es ein Samariter, der sich als Nächster herausgestellt hat. Ausgerechnet einen von den Juden so verhassten Samariter stellt Jesus als barmherzig, und damit als den Willen Gottes tuend hin.
Der Priester und der Levit, die hier nicht zufällig erwähnt werden, sind nicht einfach schlechte Menschen. Sie befolgen nur strikt die Reinheitsgebote – übrigens auch aus dem Buch Levitikus – nach denen sie Tote, und damit auch Sterbende nicht berühren dürfen um nicht unrein zu werden. Eigentlich machen sie alles richtig, und trotzdem spüren wir sofort: Irgendwie machen sie einfach das Falsche.

„Das Wort (Gottes) ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen.“ So hat es in der Lesung geheißen.
Wenn Gottes Wesen unser Herz erreicht, wenn Gottes Wort sich seinen Weg über unsere Ohren nicht nur in unser Hirn findet, sondern einschreibt in unser Herz, dann zeigt das Wirkung, dann hat das Auswirkung im konkreten Tun, egal wer oder was wir sind.
Barmherzige Menschen – ein Segen!
Möge uns viel von dieser Barmherzigkeit gelingen – zum Segen für die Menschen.
Amen.

Diakon Peter Leichtfried