Gemeinsam sind wir Kirche

Predigtarchiv

Predigt vom 8. September


Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Begegnung mit Jesus bringt Heilung und Heil. Im Evangelium haben wir gerade von einem Taubstummen gehört, den er heilt.

Taub und stumm sein – das können wir zunächst einmal wörtlich nehmen: er hört und redet nicht. Im übertragenen Sinn ist die Bedeutung viel breiter und tiefer:
Taub sein kann bedeuten: nicht hören wollen, was in der Welt alles schlimmes los ist; dass ich taub bin für die Probleme anderer; dass so viele Dinge auf mich einströmen und ich einfach nichts neues mehr hören kann; dass ich anderes höre als gemeint ist; dass ich einsam bin und es nichts zu hören gibt für mich; ...
Stumm sein kann bedeuten: dass ich meine Meinung nicht sagen darf oder kann; was ich erzählen oder mitteilen will, wird nicht gehört, ich komme nicht zu Wort und werde immer stiller; ich bin sprachlos vor dem Leid und der Not der Welt; ich habe Angst, mich anderen zu öffnen und mitzuteilen...

Auf diesem Hintergrund, was taub und stumm sein alles bedeuten kann, schauen wir nochmals auf das Evangelium: „Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte.“

Es ist von „einem“ die Rede, den „sie“ zu Jesus brachten. Wir wissen nicht, wer „sie“ sind, wir kennen auch den Namen des „einen“ nicht. Da können wir versuchen, unseren eigenen Namen einzusetzen: Monika, Johanna, Renate, Josef, Peter, Maria, Franz, Leonie, Felix… „Da brachten sie zu ihm Monika, die taub war und stammelte.“ Auf einmal bekommt die Erzählung eine andere, persönliche Dimension.

Wir alle bringen viel mit in unserem Leben, unser ganz persönliches Taub- und Stumm sein.

Aber da gibt es auch die „sie“, die, die uns bis hierher gebracht haben, Menschen, die an unserer Seite stehen, denen wir viel verdanken. Es ist immer wieder gut, sich ganz bewusst und dankbar an die zu erinnern, die uns in unserem Leben begleiten, die uns viel mitgeben oder mitgegeben haben, die uns auch stützen und tragen, wenn wir das nötig haben.
Und vielleicht gehöre auch ich manchmal zu diesen „sie“, wo ich „einen“ begleite zu Jesus, „einen“ annehme in seiner Taubheit und Stummheit.

Dann kommt es für den Taubstummen zu der Begegnung mit Jesus, zu einer Begegnung ganz besonderer Art. Es ist keine 08-15- Begegnung. „Er nahm ihn beiseite“, heißt es, weg von dem Trubel, den das Auftreten Jesu oft hervorruft. Dadurch entsteht ein intimer Raum, in dem sich die beiden anblicken, wahrnehmen, aufeinander einlassen können. Das ist vielleicht der 1. und wichtigste Schritt zum Heil werden: wahrnehmen, aufeinander einlassen, anblicken.

Jesus schafft einen intimen Raum, einen geschützten Raum und er nimmt sich Zeit. Es geht um Berührung und die Erfahrung von Angenommen sein – durch das Da-sein, das Zuhören öffnet und löst sich etwas.

Ich glaube und hoffe, dass es viele Menschen gibt, die anderen intensive, heilsame Begegnungen im Leben ermöglichen. Vielleicht geht es uns wie dem Taubstummen und wir treffen auf Menschen, die uns berühren, da sind für uns und damit ein Stück Heilung ermöglichen. Vielleicht liegt in der Erfahrung von Neuem oder Unverständlichem ein unerwarteter Impuls für unser Leben. Vielleicht entdecken wir im Zusammenkommen mit Menschen unsere speziellen Gaben und Fähigkeiten neu. Vielleicht erleben wir eine religiöse, spirituelle Begegnung, die uns neue Horizonte eröffnet.

Was dabei von uns gefordert ist, ist wenig und viel zugleich. Es ist das Sich-Aussetzen und Sich-berühren-Lassen, wie es der Taubstumme an sich geschehen hat lassen.

Dann werden auch wir aus solchen Begegnungen als Hörende herausgehen, als Menschen, die ein offenes Ohr für andere haben, als Menschen, die wahrnehmen und verstehen können, was in unserer Welt geschieht, als Geöffnete für Gott. Wenn es vom Taubstummen heißt, er konnte nach seiner Begegnung mit Jesus wieder „richtig“ reden, so entspricht das, denke ich, auch bei uns einem täglichen Wunsch: richtig zu reden, das Richtige und Wichtige zu sagen - nicht nur mit Worten, sondern mit unserem Tun und mit unserem ganzen Leben.

Lassen wir uns von Jesus berühren und öffnen: Für neue, bereichernde Begegnungen, für Begegnungen, die unseren Horizont erweitern, die uns stärken und fähig machen, selber zu heilsamen Menschen zu werden.


Monika Liedler

Predigt vom 25. August


Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Ich hätte mir ja auch die Lesung aus dem ersten Testament aussuchen können. Aber nein, ich wollte diesmal den Stier bei den Hörnern packen und über eine Bibelstelle sprechen, bei der es einem in der heutigen Zeit die Haare aufstellt und die Rede verschlägt. Mir eben nicht, denn ich werde mit ihnen meine Gedanken zu diesem Teil des Epheserbriefes teilen. Für meine Ausführungen ist es wichtig zu wissen, dass dieser Brief ziemlich sicher nicht direkt vom Apostel Paulus stammt, sondern ca. 100 nach Christus wahrscheinlich von einer Autorengruppe verfasst wurde, die sich auf Paulus berief.

Die Autoren versuchen dabei in dem Abschnitt, den wir hörten, die Liebe Christi zu seiner Kirche mit dem Bild der Liebe des Mannes zu seiner Frau zu deuten – „ich beziehe es auf Christus und die Kirche“ – haben wir da gehört.

Selbst wenn man die Zeit miteinrechnet, in der dieser Text geschrieben wurde, steckt vordergründig ziemlich viel männlicher und Chauvinismus in den Aussagen, werden augenscheinlich damit so starke patriarchale Ehe – und Gottesbilder transportiert, dass sie bis heute – tausende Jahre später noch immer wirken.

Noch einmal ein paar Textbeispiele: „Ihr Frauen ordnet euch den Männern unter, denn der Mann ist das Haupt der Frau“, oder: „Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen in allem den Männern unterordnen“, oder: „Indessen sollt auch ihr, jeder Einzelne (Mann) seine Frau lieben wie sich selbst, die Frau aber ehre ihren Mann!

Aber jetzt kommt´s: Ganz am Anfang nämlich, und in der Mitte konterkariert sich der Text selbst: Es heißt ja gleich zu Beginn: „Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht zu Christus“. Ebenso stark die Aussagen darüber, dass die Männer ihre Frauen so lieben sollen, wie Christus geliebt hat, nämlich durch Hingabe. Durch liebende Hingabe der Männer soll den Frauen ein Aufblühen, ein Entwickeln ihrer Talente ermöglicht werden. So interpretiert diese Stelle die Theologin Katrin Brockmöller.

Was das Rollenverständnis von Mann und Frau betrifft, liegt also schon eine gewisse Ambivalenz in dieser Bibelstelle.

Ich bin trotzdem überzeugt, dass von diesen Bibelaussagen grosso modo nur genau jene patriarchalen und paternalistischen, letztlich frauenfeindlichen Lebensbilder übriggeblieben sind, wie wir sie in Familie, Gesellschaft und Kirche über Jahrhunderte bis heute feststellen konnten und können.

Viele Frauenrechte wurden ja erst in den letzten Jahrzehnten erkämpft: Man stelle sich vor: Erst seit 1975 dürfen Frauen von Gesetzes wegen ohne Erlaubnis des Mannes außerhalb des Hauses einer Arbeit nachgehen, erst 1989 wird die Vergewaltigung in der Ehe strafbar und erst 1993 tritt das sogenannte Gleichbehandlungsgesetz in Kraft.

Auch in der Frauengleichberechtigung mahlen Gottes Mühlen langsam, aber beständig. Inzwischen sind Frauen beispielsweise die Mehrheit der Studierenden. Trotz vieler Hindernisse erobern Frauen immer mehr Posten in führenden Positionen und, wer weiß, werden wir in Kürze eine farbige amerikanische Präsidentin haben.

Gesellschaftliche Richtlinien, besonders in Sachen Frauen, wie sie in verschiedenen Varianten von der paulinischen Zeit bis heute gegolten haben, sind in Fluss geraten, werden revidiert, hinterfragt oder zumindest diskutiert. (Dass sich hier die Gesellschaften in der Welt nicht im gleichen Tempo bewegen, manchmal sogar Rückschritte gemacht werden (siehe Taliban in Afghanistan) ist bedrückend, aber leider normal)

Wenn unsere Kirche in dieser unserer Gesellschaft im Sinne Christi wirken will, dann kann sie sich nicht nur auf gesellschaftliche Zustände zur Zeit des Paulus berufen, sondern muss sich Veränderungen stellen – in vielerlei Hinsicht, aber eben auch ganz besonders in der Frauenfrage. Und im Speziellen auch in der Sache von Frauen in kirchlichen Weiheämtern.

Ich bin sicher, dass es auch in unserer Kirche eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen kommen wird. Im Sinne von „Gottes langsam mahlenden Mühlen“ ist das nicht eine Frage ob, sondern eher eine Frage wann.

Es gibt mehrere Argumente, die meine Aussage stärken, drei möchte ich kurz hier ausführen:

1. Die menschliche Gesellschaft ist im Fluss – panta rei – alles fließt, heißt ein unumstößlicher Grundsatz des Lebens. Das betrifft auch unsere Kirche – dort sagen wir eben: Ecclesia semper reformanda est, was so viel heißt wie: Die Kirche muss immer reformiert werden“. Das steht so schon im vatikanischen Konzilstext.

In diesem Reformprozess kommt die Tatsache der Frauenweihe immer mehr aufs Tapet, weil einerseits viele einfache Männer und Frauen in der Kirche nicht mehr verstehen können, warum man Frauen die Weiheämter verwehrt, andererseits viele Theologen und Theologinnen starke wissenschaftliche Argumente für die Frauenweihe ins Treffen führen.

Zum Beispiel die feministische Theologin Margit Eckholt, die uns auf der österreichweiten Diakonentagung vorigen Herbst die Notwendigkeit und Möglichkeit von Diakoninnenweihen mit der Existenz von Diakoninnen schon in den ersten christlichen Gemeinden zu Zeiten des Paulus bewies.

2. Es ist schade, dass in Zeiten höchster priesterlicher Not – es werden uns abertausende Priester und Seelsorger in Zukunft fehlen – Menschen, eben auch Frauen, die priesterlich tätig sein wollen, daran gehindert werden.

Ich sehe darin eine Selbstbeschädigung der Kirche und im Übrigen eine Missachtung des Auftrages Christi.

3. Für mich hat sich die Gottesmutter Maria von einem überaus jungen Mädchen zu einer für die damalige Zeit modernen, selbstbewussten Frau entwickelt, die sich mit ihren Anliegen in ihrem Umfeld durchgesetzt hat – und letztlich Christus, den Gottessohn und damit seine frohe Botschaft, zur Welt brachte. Warum sollen sich dann Frauen in der heutigen Zeit nicht durchsetzen und die frohe Botschaft jenes Christus auch in Ordination (= geweiht) verkünden?

Das oft vorgebrachte Argument, dass Frauen in der Kirche ja ohnehin in allem wirken können, auch wenn sie nicht geweiht sind, zählt für mich nicht, denn - wie ich ausgeführt habe - verhindert es genau das ,was in der heutigen Lesung eben auch intendiert ist,: Dass sich die Männer bemühen sollen, die Talente der Frauen zur vollen Entfaltung zu bringen und bis zur vollen Anerkennung zu fördern, auch wenn sie dadurch Macht abgeben müssen und sich – in veränderten gesellschaftlichen Bedingungen - auch in der Kirche unterordnen lernen müssen.

Diakon Franz Hofmarcher

Predigt vom 15. August - Maria Himmelfahrt


Geschätzte versammelte Gottesdienstgemeinschaft!

Es gibt ja viele Marienfeste im Laufe eines Jahres. Beginnend mit dem 1. Jänner, dem Hochfest der Gottesmutter Maria, feiern wir jetzt Maria Himmelfahrt, den „Großen Frauentag“ wie er auch genannt wird und in einer Woche das Fest „Maria Königin“.

Zwei Feste, die ja im Rosenkranz ihren Ausdruck finden, wenn wir beten: „…Jesus, der dich o Jungfrau in den Himmel aufgenommen hat“ und: „… Jesus, der dich o Jungfrau im Himmel gekrönt hat.“

Alles Feste, die die Größe Mariens in den Vordergrund stellen. Größer, höher geht es nicht als „In den Himmel“ und dort auch noch „Königin“!

Und doch sticht ein Nebensatz im heutigen Evangelium ins Auge, der eigentlich eine ganz andere Sprache spricht. Dieser Satz aus dem Magnificat: „… denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.“

In Paris sind vor wenigen Tagen die olympischen Sommerspiele zu Ende gegangen. Ein gewaltiges Schauspiel, das einige neue Königinnen und Könige des Sports gekrönt hat. Ein Spektakel, das einige wenige in den Olymp emporhebt, andere, viele in den Hintergrund, manche ja fast in den Abgrund drängt. Insgesamt ist eine Leistungsschau der menschlichen Spezies.
Und was sagt Maria? „Siehe, ich bin die Magd des Herrn“ und eben „denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“.
Ist das Christentum wirklich so weltfremd, dass es nicht kapiert, dass nur die Stärksten und Schnellsten den Sieg davontragen werden, dass den Starken die Welt gehört?
Ja, so oder so ähnlich spricht die Welt, nicht nur in der Welt des Sports, vor allem auch in der Welt der Militärs, und auch in der Welt der Wirtschaft. Ja die Welt kennt vieler solcher Sprüche und Einstellungen. Es ist durchaus reizvoll – und ich möchte die Leistung einzelner Menschen dabei gar nicht schmälern – auf die Erfolgreichen zu sehen – und sie werden ja gern herumgereicht und hergezeigt.
Aber: scheinbar sehen wir dabei nicht, oder wollen es übersehen, dass es bei so einem Wettkampf nur eine Handvoll Sieger und ein Viel- viel- vielfaches an Verlierern gibt.

Wenn ich Gott richtig verstehe, dann möchte er aber keinen einzigen Verlierer haben. Bei Gott – so denke ich – sollte es nur Gewinner geben!

Was aber ist der große Gewinn, wenn wir im Glauben von einem großen Sieg reden?
Ist es tatsächlich das, was wir selbst leisten können? „Wer kann dann noch gerettet werden“ fragen zurecht die Jünger einmal.
Ist es tatsächlich die eigene Erfolgsgeschichte? „Die Ersten werden die Letzten sein“ antwortet darauf Jesus.
Ist es nicht vielmehr die Tatsache, dass Gott jeden und jede im Blick hat und Großes mit diesem Menschen vorhat? Ist es nicht genau das, wovon Maria spricht, wenn sie sagt: „Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“.

Kann, ja muss man dann nicht das Wort Marias übersetzen mit: „Auch in meiner Niedrigkeit hat Gott mich gesehen, trotz meiner Kleinheit hat der Mächtige Großes an mir getan“. Es ist und bleibt das Geschenk Gottes! Das erkennt Maria und das ist für sie Kraftquelle und Erfüllung.

Was steht mir im Wege, dass ich glauben kann, dass Gott es nicht nur gut mit mir meint, sondern dass er tatsächlich auch an mir Großes tun will?
Was steht mir im Wege, zu erkennen, auf welch vielfältige Art und Weise er mir begegnet, beisteht, hilft?

Der Engel sagt zu Maria: „Für Gott ist nichts unmöglich!“
Ich hoffe, einmal mit Maria sagen können: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, denn Großes hat der Herr an mir getan“

Und so bete ich:
Maria, du Schwester im Glauben, von dir können wir lernen, dass die Zumutungen Gottes, eine Bereicherung sein können.
Maria, du Schwester im Glauben, an allen Stationen deines Weges mit Jesus lehrst du uns: es ist gut, auf Gott zu hören, ihm zu vertrauen, mit dir im Gebet seine Nähe zu suchen. Auch in Trauer und Not.
Maria, du Schwester im Glauben, du zeigst uns, wie Lobpreis und Dank das Leben füllt. Wie der Blick Gottes uns aufwertet und unser Herz weit macht.


Amen

Diakon Peter Leichtfried

Predigt vom 4. August 2024


Schwestern und Brüder im Herrn.

In den Sommermonaten erleben wir immer wieder, dass ein Themenbereich gleich mehrere Sonntage behandelt wird. Oft sind es landwirtschaftliche Gleichnisse, heuer, im Lesejahr B, geht es einige Sonntage um das Thema Brot. Brot, das am Speiseplan unseres Kulturkreises von großer Bedeutung ist, Brot, das vor allem für uns als Christen von besonderer Bedeutung ist.

Vergangenen Sonntag haben wir im Evangelium gehört, wie Jesus bei der Speisung der Fünftausend die Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen satt machte. Heute im Evangelium steht eines dieser 7 großen „Ich-bin-Worte“ Jesu, wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern.“
Und am nächsten Sonntag hören wir die Fortsetzung der Rede Jesu über das Brot fort und wie er hinzufügt: „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“

In Salzburg wird gerade – wie jedes Jahr – der Jedermann von Hugo von Hoffmannsthal zum Besten gegeben. Unsere Theatergruppe hat sich vor mittlerweile 11 Jahren an dieses schwierige Thema herangewagt. Es ist das Spiel vom Sterben des reichen Mannes. In diesem Stück – und bis zur kunstvollen Inszenierung durch die Salzburger Festspiele hatte das Thema ja einen religiösen Volksstück-Charakter wie etwa ein Hirtenspiel, oder ein Herbergsuchspiel – wird dem Hauptdarsteller, und eigentlich allen, die diesem Stück folgen, sehr dramatisch vor Augen geführt, dass die reine und fast triebhafte Befriedigung leiblicher Bedürfnisse und noch dazu auf Kosten anderer zu einer der großen Versuchungen der Menschheit gehört.

Davon spricht ja auch Jesus, wenn er sagt: „Ihr sucht mich, weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.“ Und: „Müht euch nicht für die Speise, die verdirbt.“

Jesus stellt sich nicht dagegen, Menschen die hungrig sind, tatsächlich zu Essen zu geben, das zeigt sich ja auch in der Speisung der Fünftausend.
Er stellt sich nicht dagegen, mit den Armen zu teilen – ganz im Gegenteil!
Ja, es gibt so viele die hungern müssen, ja verhungern müssen in dieser Welt. Und ich zähle es zu den großen Ungerechtigkeiten ja den großen Verbrechen unserer Zeit, dass so viele, ja immer mehr verhungern müssen, in einer Zeit, in der wir wahrscheinlich zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte alle Menschen auf diesem Planeten ernähren könnten. (Anm.: laut UNO sind es mit Stand 1. Juli 2024 8,16 Milliarden Menschen auf der Erde)

Die Menschen, die Jesus suchten, hatten von den Broten gegessen. Doch Jesus hat noch eine andere Speise. Sie laufen ihm nach, weil sie sich die Bäuche vollgeschlagen haben. Aber das Brot, das Jesus reicht, ja das er selber ist, kann noch mehr! Es ist auch das Brot für unsere Seele, für unser Herz

Was ist aber das Brot, die Nahrung für unsere Seele?

Wir hungern nach der Erfahrung, geliebt zu werden,
Wir hungern nach der Erfahrung, gewollt zu sein, nicht ein Zufallsprodukt.
Wir hungern nach der Erfahrung, dass unser Leben einen Sinn hat.
Wir hungern nach der Erfahrung, wertgeschätzt zu werden, wertvoll zu sein - und das unabhängig von dem, was wir können, was wir leisten, wie erfolgreich wir sind oder wie angesehen wir bei anderen sind.
Wir hungern nach der Erfahrung von Barmherzigkeit und dass uns vergeben wird.

All das, und noch viel mehr meint Jesus mit dem Brot, das er uns geben will und wird. Es ist mehr als ein voller Bauch. Es ist mehr als eine Speise, die verdirbt.
Wenn wir im Vater unser um „Unser tägliches Brot“ bitten, dann meint das ja auch nicht nur den Hunger des Leibes.
Der Leib kennt Hunger und Durst, aber auch die Seele kennt Hunger und Durst.

Noch einmal der Blick zu „Jedermann“: Jedermann ist reich, er kennt keinen Hunger des Leibes. Schmerzlich muss er erfahren, wie unterernährt, fast verhungert, seine Seele ist. Da kommt ihm Gott mit seiner Barmherzigkeit entgegen. (Anm.: „Ich habe das Sakrament empfangen.“ sagt Jedermann.)

Am Ende bleiben bei Jedermann der Glaube und die Guten Werke, die ihn als letzte Gefährtinnen in die Ewigkeit begleiten.
Gott kommt auch uns entgegen, auch heute, auch jetzt in dieser Feier:

Brot vom Himmel hast du uns gegeben – das alle Erquickung in sich birgt.

Diakon Peter Leichtfried

Predigt vom 28. Juli 2024


Der Sommer lädt zum Feiern ein. In Purgstall z. B. zu Grillfesten, vor kurzem war das Zehnbachfest der Landjugend, es gibt unsere Mostheurigen, den Hofheurigen, die Feuerwehrfeste in Purgstall und Feichsen oder auch vor ca 1 Monat unser Pfarrfest. Auch dieses Wochenende wird wieder an vielen Orten eingeladen zu Dorf- und Straßenfesten. Wichtig ist dabei meist die Verpflegung. Egal ob Grillspezialitäten, Kuchenbuffet oder Picknickkorb - zusammen am Tisch oder im Gras zu sitzen und zu essen verbindet und macht gute Laune. Wie heißt es im Mostviertel: Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen!
Essen und Feiern steht auch in unserem Glauben ganz im Zentrum. Ein Gottesdienst ist ja im Kern auch ein Fest, bei dem Brot und Wein geteilt werden.

Da stehen wir ganz in der Tradition des heutigen Evangeliums, wo es auch ums miteinander Reden und um gemeinsames Essen geht: die Menschen, Männer und Frauen (und wahrscheinlich auch Kinder) kommen zu Jesus, hören ihm zu, diskutieren miteinander, tauschen aus über das, was Jesus erzählt. Dann setzen sie sich zusammen, es wird geteilt was Jesus gesegnet hat und sie essen miteinander.

Auch bei uns in Purgstall finde ich es wunderbar, dass vor der Messe gegrüßt wird, manche kurz plaudern, dann wird gefeiert, Mahl gehalten und anschließend am Kirchenplatz wird wieder geredet, diskutiert,… Es ist eine besondere Qualität, dass wir so aufeinander zugehen und diese Gemeinschaft dann hinaustragen in unseren Alltag, in unser Leben.

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer hat die Bedeutung des gemeinsamen Essens ganz deutlich gesehen. „Gott“, so schreibt er, „ruft uns durch das tägliche Mahl zur Freude, zur Feier mitten am Werktag.“ So kann jede gemeinsame Mahlzeit zu einem kleinen Fest werden.
Und Dietrich Bonhoeffer sieht einen erstaunlichen und wichtigen Zusammenhang: „Solange wir unser Brot gemeinsam essen, werden wir auch mit dem wenigsten genug haben. Erst wo einer sein eigenes Brot für sich selbst behalten will, fängt der Hunger an. Das ist ein seltsames Gesetz Gottes.“

Es wäre interessant, diesem „seltsamen Gesetz Gottes" im eigenen Leben nachzuspüren und es auszuprobieren: Teilen macht satt - an Leib und Seele.
Vielleicht fängt es damit an, dass ich es wage, mich beim Straßenfest einfach an einen Tisch dazuzusetzen - auch wenn ich kaum einen kenne – und neue Kontakte zu knüpfen.
Oder dass zu einem Straßenfest bewusst neue Nachbarn eingeladen werden, um sich kennen zu lernen.
Oder dass ich bei meiner nächsten Einladung an jemanden denke, dem / der es guttut, mal wieder unter Leute zu kommen.
Vielleicht kann ich mein Brot sogar auch dann teilen, wenn gerade niemand mit mir am Tisch sitzt. Mit einer Spende zum Beispiel, die woanders den Hunger lindert wie z.B. die Caritas Haussammlung, die zur Zeit durchgeführt wird.

Der Sommer lädt zum Feiern ein. Und Jesus lädt uns ein zum Feiern, zum Essen und zum Teilen – hier im Gottesdienst und daheim im Alltag!

Monika Liedler

Predigt vom 30. Juni 2024


Geschätzte versammelte Gottesdienst- und Eucharistiegemeinschaft!

Das Fest unseres Pfarrpatrons des Hl. Petrus fällt heute auf einen Samstag. Nachdem wir jetzt am Abend feiern ist es damit auch die Vorabendmesse zum 13. Sonntag im Jahreskreis. Da grundsätzlich immer dem Sonntag gegenüber den Heiligenfesten der Vorzug zu geben ist, habe ich mich heuer dazu entschieden, einen Mix aus Patrozinium und Sonntagsliturgie auszuwählen.

Die Lesung aus der Apostelgeschichte ist für den Vorabend des Apostelfestes vorgesehen. Das Evangelium ist eine Kurzfassung des Sonntagsevangeliums.

In beiden Schriftlesungen handelt es sich um Heilungsgeschichten.
In beiden Fällen spielt der Glaube die zentrale Rolle.
Ein Glaube, der Leben verändern, verwandeln kann.

Mein Lehrer für Neues Testament, Wolfgang Beilner, hat in einer seiner Vorlesungen erzählt, dass er immer wieder gefragt würde, ob das wirklich stimmt, dass alles, was in der Bibel steht, die Wahrheit ist. Seine Antwort darauf: Lebe danach, und du wirst sehen, wie wahr das alles ist. Lebe in dieser Liebe und Hingabe Jesu und du wirst sehen, wie du Leben – auch dein eigenes - verändern, verwandeln, ja heilen kannst.

Lebe danach: Ist das nicht gerade das, was uns die beiden Großen – wir nennen sie gerne Apostelfürsten – Petrus und Paulus hinter die Ohren schreiben möchten? Ich glaube nicht, dass es den beiden darum ging, für sie einen Personenkult zu initiieren, sondern dass es viel mehr ihr Zeugnis, ihre Art der Verkündigung der Frohen Botschaft Jesu ist, wofür sie ihr Herzblut und letztlich auch ihr Leben eingesetzt haben.

Lebe danach: Ist das nicht auch Gebot für uns Christen durch alle Jahrhunderte bis heute?
Wenn wir aus Purgstall, dabei besonders unseren Pfarrpatron, den Heiligen Petrus, im Blick haben, dann zeigt uns seine Lebensgeschichte ja ganz besonders auf, dass es nicht immer gelingt, alles richtig, alles perfekt zu tun – wir kennen Petrus mit seinen Fehlern und Schwächen – aber dass gerade er mit seinem Messiasbekenntnis dafür steht, dass dieses Leben aus dem Glauben zwar nicht ohne uns geht, aber dass es auch nicht nur auf uns ankommt.
Es ist der Glaube an Jesus, den Christus, den Messias, den Erlöser, der uns stark macht.

So haben wir auch in vergangenen neun Tagen bei der Petrusnovene anhand dieses Bekenntnisses des Petrus, darüber nachgedacht, im Gebet den Dank und die Bitte zum Ausdruck gebracht, dass Christus mit seiner Liebe auch unser Leben und das Leben in unserer Pfarrgemeinde verwandelt.

Das Messiasbekenntnis geht der Schlüsselübergabe an unseren Pfarrpatron voraus – wir haben es ständig am Hochaltarbild vor Augen.
Das Erlösungswerk Jesu, sein Leben, sein Lieben, sein Leiden und Sterben und seine Auferstehung feiern wir in jeder Hl. Messe.

„Die Qualität unserer Gottesdienste erkennen wir im täglichen Leben.“ Frei nach diesem Ausspruch von Papst Johannes Paul II. müssen wir uns fragen, wie sehr unser Glaube, unser Beten Früchte trägt für eine gerechtere, liebevollere Welt.
Gott sei Dank gibt es überall, und gerade auch bei uns in Purgstall viele Menschen, die uns zeigen, dass das keine leeren Worte sind. Männer und Frauen, die im Auftrag der Pfarre oder aus ihrer eigenen Glaubensüberzeugung ihre Möglichkeiten einsetzen, damit Menschen auf unterschiedlichste Art geholfen wird. Strukturell oder punktuell, finanziell oder mental, mit der eigenen Schaffenskraft oder als Fürsprecher und Mentor, oder, oder, oder … Vieles dabei geschieht im Stillen, verborgen, ja fast unsichtbar für die Öffentlichkeit. Danke für jeden Einsatz der Nächstenliebe.

In der Kraft des Glaubens haben wir Möglichkeit Leben zu verändern, zu heilen. Jesus tut das. Petrus und Johannes tun das. In jeder Hl. Messe feiern wir das.

Jesus möchte auch dein und mein Leben verwandeln hin zu einem erfüllten Leben. Das feiern wir auch in dieser Hl. Messe.

Amen!

Diakon Peter Leichtfried

Predigt vom 23. Juni 2024


Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Das heutige Evangelium ist eine von meinen Lieblingsbibelstellen und eine meiner frühesten Erinnerungen und das 1. Buch, das ich meinem kleinen Bruder selber vorgelesen habe.
Der See Gennesaret ist in Israel, in Galiläa eine ganz wichtige Wasserquelle und wurde damals zur Zeit Jesu wegen seiner Größe als Meer bezeichnet. Je nach Jahreszeit wehen da verschiedene Winde, zB im Sommer am Nachmittag und Abend der Westwind, der die Tageshitze abkühlt. Im Winter oder Frühling kann der Ostwind sehr stark und gefährlich werden, denn er kann sich plötzlich zu einem heftigen Sturm entwickeln. So wie es die Jünger und Jesus in unserem Evangelium erleben.

Unser Pfarrer hat vergangenen Sonntag davon geredet, dass Glaube, Liebe, Reich Gottes geschenkt sind, wir können das nicht machen, selber herstellen oder produzieren (so wie wir nicht machen können, dass die Samen wachsen)!

Das heutige Evangelium vom Sturm auf dem See passt da ganz gut dazu! Jünger leben und erleben Jesus, sind begeistert, glauben seiner Botschaft und an ihn. Und trotzdem: geraten sie in Schwierigkeiten, in einen Sturm, haben sie Angst. Sie müssen sich die Frage gefallen lassen: „Habt ihr noch keinen Glauben?“ Glaube ist ein Geschenk, ich kann ihn nicht „machen“ und nicht festhalten.

Im Gleichnis geht es um unsere Erfahrung mit den Stürmen auf dem Meer des Lebens. Es ist ein Spiegel unseres Lebens und Glaubens.
Da gibt es Zeiten, wo wir ruhig am Lebensmeer dahingleiten gemeinsam mit unserer Familie und in den Gemeinschaften, in denen wir leben. Dann auf einmal Lebensstürme, die uns völlig aus der Bahn werfen – Todesfall, Schwierigkeiten im Beruf, mit den Kindern / Eltern / Partner:in – bis zum Gefühl und zur Frage: Gott, wo bist du eigentlich? Begleitest du mich noch?

Ich kenne die Erfahrung – beim Tod meiner Mutter - wo mein Lebensschiff in diesem Sturm fast untergegangen wäre, wo ich wirklich das Gefühl hatte: Jesus schläft nicht nur, der ist gar nicht da!
Ich kenne aber auch die Erfahrung, wo mein Schiff feststeckt, festgefroren ist im Eis und in der Kälte des Lebens – nichts freut mich mehr, alles ist egal verbunden mit dem Gefühl: Jesus schläft, der ist gar nicht da in meinem Leben.

Und trotz aller Stürme, trotz Wind und Wellen kenne ich auch die Erfahrung, wo Jesus sagt: „Warum habt ihr Angst? Ich bin doch da!“ Wo mir Menschen, Freunde und Freundinnen begegnen, die mich aufmuntern, trösten, mit denen ich reden kann, wo ich Erlebnisse habe, die gut tun, wo ich versuche zu beten - immer dann kann ich spüren, wie Jesus da ist für mich.

Jedes Mal, wo ich so etwas erlebe, jedes Mal, wenn ich so eine Erfahrung machen darf, kann mein Glaube, mein Vertrauen wachsen. Glaube ist ein Geschenk! Ich erfahre: Jesus schläft doch nicht. Eine solche Erfahrung hat etwas Wunderbares. Sie verändert. Immer wenn ich im Leben Hilfe erlebe, wann eine schwere Situation sich auflöst, wenn die Stürme und Wellen des Lebens ruhig werden, wächst Vertrauen. Und ich erlebe Jesus in meinem Leben, der sagt: „Warum habt ihr Angst? Ich bin doch da!“

Und weil gerade Fußball – EM ist, möchte ich noch ein Fußball – Beispiel dazustellen: Der Sturm im Leben ist wie ein Fußballspiel, wo uns das Leben ständig Bälle zuwirft und zupasst! Wir können ihnen ausweichen, sie fangen, von ihnen getroffen werden oder mitspielen – im Vertrauen, dass einer sagt: Keine Angst, ich bin doch da, ich spiel auch mit mit dir!

Amen!

Monika Liedler

Predigt vom 16. Juni 2024


Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Bei einer Generalaudienz vor kurzem hat Papst Franziskus über die Prediger gesprochen – und das vor zehntausenden Gläubigen, darunter auch mehrere Hundert Priester und Bischöfe.
Der Papst sagte: Geistliche sollten ihre Predigten verständlich, ansprechend und kurz halten. Eine gute Predigt, so der Papst abweichend von seinem Manuskript, müsse drei Ebenen ansprechen: das Denken, das Herz und das Handeln der Menschen.
Ich formuliere es gerne so: die drei „H“ sind wichtig, nämlich Hirn, Herz und Hand.
Weiter der Papst: Eine Predigt dürfe nicht länger als acht Minuten dauern. Das sagte er mit Blick auf jene Priester, die oft viel zu viel reden, ohne dass man versteht, wovon sie sprechen.
Damit hat der Papst also uns Predigern wieder einiges ins Stammbuch geschrieben.

Weiter betonte der Papst, dass, ungeachtet der vielen anderen Möglichkeiten, in der Bibel zu lesen, die gemeinsame Schriftlesung im Gottesdienst – also jetzt gerade, wenn wir Lesung und Evangelium hören – die geistliche Bibellektüre par excellence sei.
Die Predigt müsse helfen, das Wort Gottes in das Buch des Lebens zu übertragen.
Der Papst erinnerte daran, dass die gesamte Heilige Schrift von Gott inspiriert sei. Derselbe Heilige Geist, der die Bibel inspiriert habe, sorge auch dafür, dass die heiligen Schriften heute noch lebendig, aktiv und inspirierend seien. Er lud die Gläubigen dazu ein, sich von einzelnen Bibeltexten anregen und innerlich bewegen zu lassen.

Was der Papst hier meint, das konnte Jesus perfekt!
Jesus sprach zu den Leuten ganz viel in Gleichnissen, in Bildern aus ihrer Erfahrungswelt, aus dem Landleben, aus dem Bauernleben. Die Leute konnten ihn so gut verstehen und merkten sich seine Bilder und Geschichten.

Heute sagt Jesus im Evangelium, das wir ja gerade gehört haben: Wie kann man das Reich Gottes verstehen, das Gute, die Liebe, den Glauben?
Das Reich Gottes ist wie ein Mann, der Samen auf seinen Acker säte.
Dann geht er schlafen und steht am Morgen wieder auf und die Saat ist gewachsen, ohne sein Zutun.
Oder wie ist das Reich Gottes? Wie ist das Gute, der Glaube, die Liebe? Das ist wie ein Senfkorn: das ist so klein, kann leicht übersehen werden. Aber wenn es gesät wird, dann kann es wachsen und wird groß wie ein Baum, in dem die Vögel des Himmels nisten können.

Was ist die Botschaft dieser Stelle? Ich erwähne heute nur einen Aspekt, der mir beim Vorbereiten wichtig geworden ist.

Das Reich Gottes, die Liebe, das Gute wächst unter uns, weil Gott das Wachstum schenkt. Wir können und brauchen nicht alles selber tun.
Ja, wir können den Glauben, das Reich Gottes gar nicht machen und organisieren.
Das empfinde ich als große Entlastung! Wir glauben ja oft, wir müssen die Kirche machen, erneuern, wir brauchen bessere Strukturen und neue Konzepte, damit der Glaube nicht verschwindet.
Natürlich müssen wir das unsere beitragen, aber das Entscheidende, das Wachstum schenkt Gott.
Im Blick auf euch Eltern und Großeltern möchte ich hinzufügen: Ich weiß, dass viele von euch klagen und traurig sind, weil die Kinder nicht mehr regelmäßig zur Kirche gehen, weil ihnen Glaube und Religion gleichgültig geworden ist. Und dann kommt die Frage schnell: Was haben wir denn falsch gemacht oder übersehen?
Das heutige Gleichnis sagt: Auch wenn der Glaube an Gott in manchen Menschen wie ein kleines Senfkorn ist, das man schnell übersehen kann, es kann wachsen und groß werden.
Aber das können wir nicht machen. Der Herr des Glaubens ist Gott, das gibt Ruhe und Gelassenheit.
Wir machen ja oft die Erfahrung, dass Menschen zum Glauben finden, ohne dass wir Großartiges getan hätten. Es ist Gottes Geheimnis, wie er den Glauben in einem Menschen entfachen kann. Das entlastet uns unheimlich davon, den Glauben, das Gute, die Kirche machen zu müssen.

Kirche und Glaube kann man nicht machen. Reich Gottes und Liebe kann man nicht kaufen, organisieren oder managen.
Glaube, Reich Gottes, die Liebe bleiben Geschenke des Himmels für uns Menschen. Gott schenke uns den Glauben, der das Leben verändert.

Amen!

Pfarrer Franz Kronister

Predigt vom 9. Juni 2024


Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Die heutigen Lesungstexte haben beide doch einen erheblichen Erklärungsbedarf, besonders wenn wir sie in Bezug zur heutigen Zeit stellen wollen.

Vorerst einmal einige Anmerkungen zur – durchaus bekannten - Geschichte aus dem Buch Genesis.

Erstens: Die Paradieserzählung im Buch Genesis ist natürlich metaphorisch, sinnbildlich zu verstehen, d.h. es wird mit Bildern das Wirken Gottes zu erklären versucht.

Zweitens: Das Wort Adam klingt im Hebräischen sehr ähnlich dem Wort Adamah = Erdling, Adam heißt übersetzt ganz sicher nicht Mann, sondern Mensch. Es ist also ein Mensch, den Gott schuf, damit ist noch kein Geschlecht vorgegeben. Vielleicht eine kleine Gedächtnisstütze für all jene in unserer Gesellschaft und in unserer Kirche, die sich mit einer Bewertung der LGPTIQ – Bewegung schwertun.

Drittens: Landläufig sprechen wir vom Sündenfall im Paradies, weil Eva und Adam auf Geheiß der Schlange vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse Früchte nehmen und essen. Von Sünde ist aber im ganzen Bibeltext kein Wort zu finden. Im Gegenteil: Wenn man genau nachspürt, kann man das Entsetzen Gottes herauslesen, dass sich die Menschen so etwas angetan haben.

Dass wir Menschen ein Gewissen haben, das unterscheiden kann zwischen Gut und Böse ist in der Tat unglaublich wichtig und eben verlockend, wie die Früchte des Baumes. Im Gewissen steckt eben zur Gänze das Wort Wissen. Der Wissensdrang, der dem Menschen anheim ist, führte und führt ihn in ungeahnte Möglichkeiten der Entwicklung, die sich scheinbar immer schneller und schneller entfaltet. Die andere Seite dazu ist die permanente Gefahr einer Überforderung, der verderblichen Anwendung dieses Wissens gegen sich selbst und gegen andere. Dieses Spannungsfeld zwischen gottgeschenkten Möglichkeiten und menschlichen Hinfälligkeiten wird eben schon in der Paradiesgeschichte aufgemacht. Wir haben es in der Hand, unser Wissen im Sinne Gottes zum Guten, zur Liebe einzusetzen, oder aber damit das Böse in der Welt zu etablieren. Frappant für mich ist, wie nah diese bildhafte Geschichte an der Realität unseres Lebens angesiedelt ist. Denken sie nur an die Atomkraft – welch unglaublich verlockende Chancen darin zu sehen sind und wie verloren = nackt wir ihr gegenüberstehen, wenn sie in falsche Hände gerät oder nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist.

So wie es schon beim Baum der Erkenntnis dargestellt wird, ist das Verhältnis von Gut und Böse eben sehr ambivalent, es ist oft gar nicht leicht, das Gute vom Bösen zu unterscheiden, ja sehr oft verschlingt sich Gut und Böse ineinander. Denken sie nur an den aktuellen Konflikt im heiligen Land, im Heimatland Jesu: Wer hat da die Deutungshoheit über Gut und Böse? Ist es nicht so, dass Böses und Gutes auf beiden Seiten zu finden ist, dass das Böse geradezu mit dem Guten kämpft. Es wird eine wahre Mühsal, diesen Krieg wieder zu beenden und es wird noch mühseliger alles das aufzubauen, was zerstört wurde. Von dieser Mühsal spricht übrigens die Paradieserzählung gleich nach dem Abschnitt, den wir heute vorgelesen bekamen.

Wir brauchen aber gar nicht in die große Welt zu blicken, wenn wir über die Verschlungenheit („Verschlangenheit“) von Gut und Böse reden. In unseren Beziehungen wissen wir oft sehr genau, wie subtil wir manchmal die Boshaftigkeit einsetzen, obwohl wir uns sehr bewusst sind, wie sich das Gute = das Göttliche durch unsere Liebe zu unseren Mitmenschen, zu unserem Partner, unserer Partnerin ausbreiten kann. Nicht umsonst sprechen wir in besonders entzückenden Momenten von einer paradiesischen Liebe.

Damit sind wir auch schon am Punkt: Es gibt nur eine einzige Richtschnur, die uns die Mühsal, die Plage, das Böse abstreifen lässt: Es ist Gott selbst, also die Liebe. Und Gottes Sohn Jesus ist es, durch dessen beispielhaftes Handeln wir lernen, wie wir die Früchte vom Baum der Erkenntnis richtig ernten könnten, ohne dass faulende Bosheit die Welt zerstört.

Diese Tatsache bringt mich abschließend zum heutigen Evangelium: Erinnern sie sich? Jesus hat rund um den See Genezareth zu wirken begonnen, er hat angefangen, Leuten Heilung zukommen zu lassen, hat sie gestärkt und gesund gemacht, indem er sie berührt, ihnen zuhört, auf sie eingeht. Das führt zu einem richtigen Hype in der ganzen Gegend. Der Evangelist Markus beschreibt das sehr dicht und treffend: „Es kamen in dem Haus so viele Menschen zusammen, dass sie nicht einmal mehr essen konnten.“

Soweit die gute, die göttliche Botschaft, aber da gab es eben auch nachvollziehbar Zweifel, Irritation, wahrscheinlich auch Neid und Boshaftigkeit: Der spinnt ja komplett, der hat ja nicht alle Tassen im Schrank, was der tut, ist mir ganz und gar nicht geheuer, wären heutige Ausdrücke für das Empfinden mancher Menschen Jesus gegenüber. Sogar seine Verwandten machen sich sorgen, dass er übergeschnappt sei und wollen ihn holen. Zum Eklat kommt es aber erst mit den Schriftgelehrten aus Jerusalem, die Jesus vorwerfen, von einem unreinen Geist besessen zu sein. Da wird Jesus ziemlich ungehalten und erwidert mit einem bemerkenswerten Satz:

Amen, ich sage euch: „Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften.“

Der Theologe Detlef Hecking interpretiert diese Aussage Jesu auf interessante Weise. Er schreibt: „Jesus betont zunächst, dass Gott grenzenlos vergibt. Doch dann macht er eine Ausnahme: Nicht vergeben werde, wenn jemand „den Heiligen Geist lästert“. Damit ist das gemeint, was die Schriftgelehrten soeben gemacht haben: Sie haben die guten, heilvollen Taten Jesu – Krankenheilungen, Verkündigung des Gottesreiches usw. – zwar gesehen und anerkannt. Trotzdem haben sie sie sozusagen als „Teufelswerk“ verleumdet. Eine derartige Verdrehung der offensichtlichen Realität, eine geradezu mutwillige Fehlinterpretation, die Weiß für Schwarz ausgibt und Gutes als Böses diffamiert, ist für Jesus eine Lästerung gegen den Heiligen Geist.“

Diese Interpretation hat mich stutzig gemacht: Ich bemerke, wie gewisse politische und gesellschaftliche Kräfte in unserer heutigen Zeit Gutes und Böses zu vertauschen versuchen. Da wird Hilfe für Hilfesuchende als blauäugig erklärt, da werden Angreifer und Verteidiger in Kriegen willkürlich vertauscht, da werden medizinische Maßnahmen zur Rettung von Menschen als Verbrechen emotional hochstilisiert. Da werden Leute, die sich um einen gesellschaftlichen Zusammenhalt bemühen als sogenannte Gutmenschen diffamiert usw.

Wenn wir den Aussagen aus der Evangeliumsstelle folgen, würde sich Jesus auch heute gegenüber solchen Verdrehungen von Gut und Böse verwehren. Er würde wohl deutlich darauf hinweisen, dass unsere Handlungen im Geist Gottes, im Geist der Liebe zu erfolgen haben. Wer in diesem Geist handelt, ist Jesu Bruder, ist seine Schwester ebenso wie seine Mutter und … sein Vater!<

Amen!

Diakon Franz Hofmarcher