Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Bevor ich mich der Auslegung des Evangeliumstextes widme, möchte ich zu einem Aspekt aus dem Brief des Apostel Paulus an die Korinther Stellung nehmen, nämlich jenen, in dem der Apostel Paulus von sich sagt, er sei die Missgeburt, der Geringste unter den Aposteln, aber er mühe sich redlich ab, die Botschaft vom Christus, durch den er bekehrt wurde, weiterzutragen.
Tatsächlich aber wird Paulus von sehr, sehr vielen Theologen als die ausschlaggebendste Kraft für die Entstehung der christlichen Kirche gesehen. Durch seine unermüdliche Tatkraft, seine Reisen, seine Briefe und Schriften, durch seine Empathie für die Botschaft Jesu hat er einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass sich Gemeinden gegründet haben, die sich auf Jesus Christus berufen - und das weit über das Judentum hinaus, sogenannte Heidenchristengemeinden, wie zum Beispiel die aus Korinth in Griechenland.
Was lehrt uns heute die erfolgreiche Verbreitung des Christentums durch Paulus aus einer verkorksten, quasi aussichtslosen Situation der ersten Jesusjünger nach dem Tod ihres Meisters, Mentors und Vorbilds.
Immer wieder bedient sich Gott der Dienste engagierter Menschen guten Willens, die sein Werk hier auf der Erde ausführen. Und so ein engagierter Mensch muss der Apostel Paulus wohl gewesen sein. Insofern hat Paulus den Auftrag Jesu, Menschenfischer zu werden, mehr als ernst genommen.
Und damit bin ich bei der heutigen Textstelle des Evangeliums: Jesus flüchtet scheinbar vor der Menge an Bewunderern. Die Fischer holen ihn ins Boot. Sie sind verzweifelt und ratlos: Die ganze Nacht haben sie nichts gefangen – trotz Arbeit und Einsatz.
Zwei wesentliche Faktoren führen die Fischer danach zu einem ungeahnten Erfolg: Einerseits der Glaube an Jesu Wort, es noch einmal zu versuchen und andererseits, der Hinweis Jesu, etwas anders zu machen, eben die Netze dort auszuwerfen, wo es tief !! ist. Trotz Skepsis zeigen sie sich als tolles Fischerteam und schaffen durch gemeinsames Anpacken, eine unglaubliche Zahl an Fischen an Land zu bringen.
Ich finde kein besseres Bild für die Situation der heutigen Kirche. Ich mag zwar den Ausdruck Menschenfischer nicht besonders, aber die Tatsache, dass es der Kirche immer schwerer fällt, die Menschen von der heilsbringenden Botschaft Jesu zu überzeugen, erinnert mich an die verzweifelten Fischer am See Genesareth.
Was könnte also unsere heutige christlich katholische Glaubensgemeinschaft von den Fischern am See Genesareth lernen?
1. Wir haben eine unglaublich tolle, eine wahrlich göttliche Botschaft zu verkünden. Die Botschaft von Hoffnung, von Frieden, von Glück für alle Menschen guten Willens und vor allem von einem Gott der die Liebe selbst ist – das ist unser, der Kirche, wichtigster und größter Trumpf.
Diese frohe, befreiende Botschaft ins Zentrum unser aller Verkündigung zu stellen, und sich nicht in irgendwelche Gebote und Verbote verheddern, sind der Hauptschlüssel zum Erfolg.
2. Werft die Netze aus, wo es tief ist: Wir dürfen, müssen Kirche heute tiefer, offener, anders denken:
Innovative Formen des Feierns, eine Verbreiterung des Klerikalen in der Kirche. Damit meine ich, dass probate Männer und Frauen als geweihte oder als von Gott besonders berührte Menschen zum Wohl der Mitmenschen kirchlich mitarbeiten.
Kirche als offene Gemeinschaft, die der Gesellschaft in spirituellen und sozialen Fragen hilfreich zu Seite steht und dient, Kirche als Treffpunkt der Gemeinde über die Messfeier hinaus, offen auch für Nichtglaubende, für Kritiker*innen, für Andersgläubige, für Suchende.
In vielen Pfarrgemeinden fehlen dazu Menschen, die eine Perspektive für die Kirche haben, die für eine andere, offenere Kirche arbeiten können oder wollen (Priestermangel, Geldmangel), manchmal fehlt auch der Mut, die Aufbruchstimmung.
Um uns in unserer Pfarre auf all diese Herausforderungen vorzubereiten, beschäftigen wir uns im Pfarrgemeinderat seit geraumer Zeit mit Zukunftsfragen unserer Kirche unter dem Motto „Pfarre Purgstall im Jahr 2030“.
Auf den letzten beiden Klausuren haben wir genau jene Themen aufgegriffen, die in Zukunft auch unsere Pfarre betreffen werden: Wie organisieren wir unsere Pfarre, wenn wir nicht so wie jetzt, exklusiv einen Priester für uns haben? Wie sprechen wir von Gott mit kirchenfernen Menschen und Jugendlichen? Wie kann unsere Pfarrgemeinde über die liturgischen Feiern hinaus Zentrum für soziale, gesellschaftliche, gemeinschaftliche Aktivitäten sein? Wie erreichen wir Menschen mit den modernen sozialen Medien in verantwortungsbewusster Weise?
Vieles haben wir angesprochen, manches auch schon begonnen zu verwirklichen. Was uns in unseren Beratungen über die Zukunft unserer Pfarrgemeinde aber besonders beeindruckte, war die große Gemeinschaft, die starke Mitarbeitsbereitschaft in unserer Gemeinde – an die 400 Menschen sind bei uns in irgendeiner Form im Umfeld der Gemeinde tätig.
Das führt mich zum 3. Punkt, den unsere Kirche von den Fischern am See Genesareth lernen kann: Wenn viele zusammenhelfen, kann man auch übervolle Netze an Land bringen, wenn eine Gemeinschaft offen und vielfältig ist, fällt es suchenden Menschen leichter anzudocken an eine Gemeinde, die von Gott redet, und in der Gott wirksam ist. Eine christliche Gemeinde im Sinne Jesu soll immer eine einladende Gemeinde sein. Eine Kirche, die sich auf Christus beruft, muss eine einladende Kirche sein. So wie es unser ehemaliger Kardinal Franz König in ganz großartiger Weise in einem berühmten Text formuliert hat:
Die Kirche Christi sei eine einladende Kirche,
eine Kirche der offenen Türen,
eine wärmende, mütterliche Kirche,
Eine Kirche, die mit den Menschen lacht
und mit den Menschen weint.
Eine Kirche, der nichts fremd ist,
und die nicht fremd tut.
Eine Kirche, die wie eine Mutter auf ihre Kinder warten kann.
Eine Kirche, die ihre Kinder sucht und die ihnen nachgeht.
Eine Kirche, die nicht Wohlverhaltenszeugnisse verlangt
oder ausstellt.
Eine Kirche –
nicht der frommen Sprüche,
sondern der stillen, helfenden Tat.
Eine Kirche des Volkes.
Die Kirche Christi! (Kardinal Franz König)
Die Kirche Christi sei eine einladende Kirche,
eine Kirche der offenen Türen,
eine wärmende, mütterliche Kirche,
eine Kirche der Generationen,
eine Kirche der Toten, der Lebenden und der Ungeborenen.
Eine Kirche derer, die vor uns waren,
die mit uns sind,
und die nach uns kommen werden.
Eine Kirche des Verstehens und Mitfühlens,
des Mitdenkens,
des Mitfreuens und Mitleidens.
Eine Kirche, die mit den Menschen lacht
und mit den Menschen weint.
Eine Kirche, der nichts fremd ist,
und die nicht fremd tut.
Eine menschliche Kirche,
eine Kirche für uns.
Eine Kirche, die wie eine Mutter auf ihre Kinder warten kann.
Eine Kirche, die ihre Kinder sucht und die ihnen nachgeht.
Eine Kirche, die Menschen dort aufsucht, wo sie sind:
bei der Arbeit, beim Vergnügen, beim Fabriktor
und auf dem Fußballplatz,
in den vier Wänden des Hauses.
Eine Kirche der festlichen Tage
und eine Kirche des täglichen Kleinkrams.
Eine Kirche, die nicht verhandelt und feilscht,
die nicht Bedingungen stellt oder Vorleistungen verlangt.
Eine Kirche, die nicht politisiert.
Eine Kirche, die nicht moralisiert.
Eine Kirche, die nicht Wohlverhaltenszeugnisse verlangt
oder ausstellt.
Eine Kirche der Kleinen,
der Armen und Erfolglosen,
Mühseligen und Gescheiterten – im Leben, im Beruf, in der Ehe.
Eine Kirche derer, die im Schatten stehen,
der Weinenden, der Trauernden.
Eine Kirche der Würdigen,
aber auch der Unwürdigen,
der Heiligen, aber auch der Sünder. Eine Kirche –
nicht der frommen Sprüche,
sondern der stillen, helfenden Tat.
Eine Kirche des Volkes.
Diakon Franz Hofmarcher