Liebe Gläubige!
Ich wähle diese Begrüßung heute sehr bewusst, denn heute möchte ich mich
ganz explizit mit dem Glauben auseinandersetzen. Und zwar aufgrund
der starken Aussagen aus dem Hebräerbrief des Apostels Paulus über
den Glauben unserer biblischen Vorbilder wie beispielsweise Abraham.
Und gleich der erste Satz des Briefes lässt einen interessierten Zuhörer
aufhorchen, wenn es da heißt:
„Schwestern und Brüder! Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“
Ich wiederhole:
„Glaube ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man – ich würde gern einfügen -
noch nicht sieht.“
Also der Glaube ist notwendig, dass tatsächlich eintritt, was man sich erhofft. Von dieser Überlegung ausgehend möchte vorerst einmal gar nicht den religiösen Glauben betrachten, so wie wir ihn in der Kirche verstehen, sondern einfach den – wie ich es bezeichnen würde – Alltagsglauben.
Denn ohne Glauben könnten wir nicht leben, wir könnten gar nichts zustande bringen. Der Glaube ist die Grundlage allen Handelns, der Glaube ist sozusagen das Standgas unserer Lebensfahrt.
Wenn Sie am Morgen aufstehen, dann glauben sie doch, dass der Tag gelingen wird, obwohl sie nicht im Detail wissen, was auf sie zukommen wird. Wenn sie etwas im Garten anpflanzen, glauben sie daran, dass es auch wächst, sonst würden sie ja gar nicht beginnen zu pflanzen.
Sie nehmen Medikamente, weil sie glauben, dass sie ihnen helfen, ohne eine Garantie zu haben. Wenn sie vor einer beruflichen Aufgabe stehen, dann glauben sie doch, dass sie sie erfolgreich bewältigen können, sonst würden sie sich ja gar nicht drüber trauen.
Wenn sie mit einem geliebten Menschen eine Lebenspartnerschaft, eine Ehe eingehen, dann glauben sie doch, dass es eine gelingende Beziehung wird, die ihnen guttut, ohne zu wissen, was über die Jahre alles passieren wird. … andere Beispiele, z. B. Chor… (Scheitern inbegriffen!)
Also ohne Glauben geht im Leben gar nichts. Der Glaube ist das Standgas unseres Lebens. Wenn aus irgendwelchen Gründen, sei es aufgrund von Krankheiten, Depressionen, Schicksalsschlägen das Standgas Glaube zu niedrig eingestellt ist oder gar fehlt, dann haben wir ein Antriebsproblem im Leben. Wir können unsere Aufgaben, unsere Vorhaben nicht bewältigen, weil die Zuversicht fehlt, dass etwas gelingt.
Die Zwillingsschwester des Glaubens ist die Hoffnung: Paulus sagt es ja so schön: Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man
erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht. Glauben heißt hoffen auf etwas, das wir noch nicht kennen, dass aber tatsächlich geschehen soll.
Ein gesunder Glaube ist also immer in die Zukunft gerichtet. Und wenn ich Ziele auf meiner Lebensfahrt erreichen will, dann muss ich aus dem Standgas heraus Gas geben.
Aber ohne Treibstoff gibt es weder ein Standgas noch kann ich mich in Bewegung setzen. Welchen Treibstoff verwenden wir für unser Leben, und welches Lebensziel? Meine Überzeugung dazu: Der beste Treibstoff unseres Lebens, der Treibstoff für einen gesunden Glauben ist die Liebe, also Gott selbst.
Die Liebe ist jener Treibstoff des Glaubens, der keinerlei Umweltverschmutzung hinterlässt. Aus der Liebe heraus lässt es sich leichter an das Gute, an das zukünftig Gelingende glauben. Das ist so wichtig für eine Welt, in der scheinbar der Glaube an Vernichtung, der Glaube an Machtgewinn, der Glaube an Besitztum, der Glaube an den eigenen Vorteil zum Schaden anderer überhand zu nehmen scheint.
Man kann leider aus dem Standgas auch retour fahren. Damit ist gemeint, dass man auch einen verbissenen Glauben haben kann, z. B. den Glauben an die Schlechtigkeit der anderen Menschen, daran, dass irgendwelche bösen Mächte auf dieser Welt alles zerstören wollen, bis zu dem fragwürdigen Glauben, dass Gott ein Gott ist, der als Strafe Naturkatastrophen oder persönliche Schickalsschläge hervorruft.
Dieser Art von Glauben – ich würde ihn als Angstglauben bezeichnen – fehlt etwas Grundlegendes, das man als Mutter des Glaubens bezeichnen könnte:
Das Vertrauen! Das Vertrauen, dass etwas ganz gut wird, das Gottvertrauen.
Ich kann nicht an etwas Positives glauben, wenn ich nicht darauf vertraue, dass es eintreten wird. Wir könnten also auch umformulieren und sagen: Vertrauen ist die Grundlage dessen, woran man glaubt, ein Zutage treten von Tatsachen über die man sich drüber getraut hat.
Aus all diesen Überlegungen heraus lässt es sich viel zuversichtlicher und einleuchtender an die zentrale Glaubensfrage unserer Religion herangehen: Den Glauben an die Auferstehung und ein glückliches Leben in der Liebe Gottes. Wir wissen nichts über dieses Leben nach dem Tod. Aber wir glauben an eine Tatsache, die man nicht sieht, wie Paulus formuliert.
Und er beschreibt in seinem Brief an die Hebräer in weiterer Folge sehr schön, dass wir nur Fremde und Gäste auf Erden sind, die auf der Suche nach einer besseren Heimat sind, die wir noch nicht kennen.
Unser ultimativer Glaube an ein ewiges Glück kann also nicht an Erdendingen hängen.
Aber wie schon zu Beginn erwähnt, ist es höchst sinnvoll, den Auferstehungsglauben durch viele Beispiele des Alltagsglaubens bewusst zu üben, zu trainieren, damit uns der Glaube an ein Leben nach diesem Erdendasein leichter von der Hand geht.
Für dieses unser Erdenleben gilt, dass wir lernen, im Sinne Jesu aus dem Glauben heraus zu handeln, also mit dem Treibstoff Liebe aus dem Standgas heraus Gas geben.
Zitat Markus Schlagnitweit:
„Glaube ist kein Lippenbekenntnis zu bestimmten Lehren und Ansichten über die Welt. Glaube ist vielmehr eine Praxis, ein Verhalten und Handeln aus einer Grundhaltung, die sich aus Hoffnung speist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“
Amen.
Diakon Franz Hofmarcher