Liebe Gottesdienstgemeinschaft, liebe Jugendliche
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“: Diesen so bekannten, so eingängigen Satz
wird Jesus Christus vom Evangelisten Johannes in den Mund gelegt. Diese drei Worte:
Weg, Wahrheit und Leben möchte ich ins Zentrum meiner Überlegungen stellen.
Zuerst: Ich bin der Weg. Jeder kennt Wege, wir gehen Wege (Wann seid ihr zuletzt
einen Weg gegangen). Jeder Weg geht auf ein Ziel zu, das wir anstreben oder
das wir einfach auf uns zukommen lassen, aber es gibt keinen Weg ohne Ziel.
Oder doch? Wir alle kennen den paradoxen Spruch: Der Weg ist das Ziel.
Indem ich auf einem Weg gehe, kommt mir ein Teil des Ziels nach dem anderen
schrittweise entgegen. Wege bedeuten immer Bewegung. Ich muss mich bewegen,
damit ich einen Weg gehen kann und damit ist mit jedem Schritt auch schon das
Ziel erreicht.
Ich bin das Leben, sagt Jesus. Und damit hat er natürlich hundertprozentig recht,
denn jeder der lebt, also, ich und du, du und du, wir können alle sagen: Ich
bin das Leben, ich bin Leben. (Der schaut aus wie das pralle Leben...) Und Jesus hat
ja unter uns gelebt.
Wir sprechen in unserer Religion also nicht von einem Gott, der irgendwo entfernt thront, sondern, dadurch dass wir Jesus kennen, von einem lebendigen Gott. Unser Gott hat gelebt und lebt weiter in allem und jedem, das lebendig ist. Jesus meint: Schaut mich an. Durch jedes Lebewesen wird Gott zur Tatsache, wird Gott in einzigartiger Weise zum Leben erweckt. Wir glauben, wenn Gott in Menschen einmal zum Leben erweckt ist, dann wird dieses Leben in Ewigkeit nicht mehr zu Ende gehen – auch nach dem Erdentod.
Ich bin Weg und Leben sagt also Jesus: Weg und Leben lassen sich großartig verbinden zum Lebensweg. Unser Lebensweg ist vergleichbar mit einem Gehen auf einem Weg. Nicht umsonst sind Pilgerwege zurzeit so populär.
Mit unserer Geburt beginnt unser Lebensweg, wie wenn wir uns auf den Weg machen um ein Ziel zu erreichen. Und wir wissen es: Wege bringen in der Regel alles hervor, was auch das Leben hervorbringt: Da gibt es anstrengende, mühsame Stellen, es begegnen einem wunderbar schöne Wegabschnitte, wir finden uns manchmal nicht zurecht, Wege sind verwachsen, wir stärken uns gegenseitig in unserer Weggemeinschaft, wir erleben überraschende Begegnungen, wir brauchen Pausen und Stärkung beim Gehen…usw.
All das kennen wir und all das passiert uns auch auf unserem Lebensweg. So sind unsere Lebenswege, manche einfacher, manche komplizierter.
Aber noch einmal zur Erinnerung. Unser Weg entsteht im Gehen und der Weg ist schon Teil des Zieles. Unser Leben ist schon Teil des Lebens bei Gott, mit Gott. Ich bin der Weg und das Leben meint der Menschen - und Gottessohn Jesus – und das Ziel würde ich gerne hinzufügen.
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Weg und Leben - ja. Aber „Ich bin die Wahrheit“ verstehe ich schon sehr viel schwerer. Was soll das heißen? Schon Pilatus fragt Jesus beim Verhör: Was ist Wahrheit?
In Zeiten wie diesen, wo von mächtigsten Politikern bis zu social media accounts Unwahrheiten, Fake News ungeniert verbreitet werden, ist diese Frage nur noch mehr berechtigt: „Jesus, was meinst du mit „ich bin die Wahrheit“?“ Und ich kann Euch sagen: Tausende Gelehrte – von der Antike bis heute - beschäftigten sich mit der Frage, wie Wahrheit zu verstehen ist und auch wie Jesus es meint, wenn er sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Für das Verständnis dieser Aussage verwende ich einen sprachlichen Trick, indem ich das Wort Wahrheit durch die Bezeichnung Orientierung ersetze. „Ich bin der Weg, die Orientierung und das Leben.“ Das passt nämlich wunderbar zum Weg bzw. zum Lebensweg:
Damit ich meinen Weg finde brauche ich Orientierungshilfen: Hinweise, Markierungen, Karten, Beschreibungen des Weges, Menschen, die ich um den Weg fragen kann. Es müssen Orientierungsgeber sein, auf die ich mich verlassen kann, die wahrhaftig sind, gerade auch dann, wenn die Gefahr droht, vom Weg abzukommen. Sie müssen wahr sein und nicht in die Irre führen.
Genau so würde ich Jesu Worte interpretieren: Sein Weg, sein Leben geben uns Orientierung, wie wir unseren Lebensweg gestalten können. Seine Worte, seine frohe Botschaft, vor allem sein Handeln sollten die Grundmarkierung für unseren Weg sein.
Allerdings braucht es noch andere Markierungshilfen für unseren Lebensweg. Vor allem wohlmeinende gute Menschen, die einem Wegweiser sein können: die Eltern, die Paten, Partner, Freunde, Verwandte, manchmal auch ganz fremde Menschen, die einem Orientierung geben und den Weg weisen können.
Menschen sind also auf dem Weg, suchen Orientierung und gleichzeitig können sie Wegweiser sein, anderen im Sinne Jesu Orientierung geben.
Das bringt mich abschließend dazu, Jesu Worte für unser Leben abzuwandeln
Ich gehe meinen Weg, ich halte mich an wahrhaftige Orientierungshilfen und das wird zu meinem Leben.
Ich bin auf dem Weg, ich bin Orientierungshilfe für andere und helfe dadurch anderen aufzuleben.
Ich bin mit Jesus auf dem Weg, er gibt mir Orientierung für mein Leben durch sein Leben.
Jesus ist mit mir auf allen - noch so schwierigen - Wegen, an seiner Liebe versuche ich mich zu orientieren, damit ich und viele, viele Menschen mit ihm in alle Ewigkeit glücklich leben.
Amen
Diakon Franz Hofmarcher